Paläopathologische Befunde an 364 mittelalterlichen Skeletten aus Rostock
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Paläopathologische Untersuchungen und speziell die paläopathologische Diagnostik eröffnen die Möglichkeit, einen Einblick in die Lebensweise und den Gesundheitszustand prähistorischer und historischer Populationen zu bekommen und deren Lebensbedingungen mit Hilfe der archäologischen, paläozoologischen sowie –botanischen Forschung zu rekonstruieren. Dies gilt insbesondere für die geschichtlichen Epochen, aus denen nur unzureichend schriftliches Quellenmaterial vorliegt. Die Basis für derartige Analysen stellen vorwiegend menschliche Überreste, meist in Form von Skeletten, dar. Neben Aussagen zur Alters- und Geschlechtsverteilung, zum sozialen Gefüge und zur Bevölkerungsstruktur kommt der Aufarbeitung von krankhaften Veränderungen am Knochen eine bedeutende Stellung zu. Unter Zuhilfenahme zahlreicher Methoden der modernen medizinischen Diagnostik sowie Nutzung des derzeitigen Wissens über einzelne Krankheiten ist heutzutage eine detaillierte Abklärung pathologischer ossärer Veränderungen möglich. Die Rekonstruktion des Gesundheitszustandes eines einzelnen Individuums sowie seiner Umwelt- und Lebensbedingungen wird möglich. Unter Anwendung statistischer Methoden können auch paläodemografische Aussagen zur gesamten Population getroffen werden. Vergleiche zwischen unterschiedlichen Populationen einer Epoche hinsichtlich bevölkerungsbiologischer Aspekte sowie geografischer und kultureller Unterschiede werden möglich. Weiterhin liefert die Paläopathologie bedeutende Erkenntnisse zur Ätiologie und Epidemiologie von Krankheiten sowie Beiträge zur Medizin- und Umweltgeschichte. Neben der Erweiterung des geschichtlichen Wissens und des Verständnisses von historischen Krankheiten ermöglichen paläopathologische Untersuchungen zugleich auch die Klärung von Fragen zur Entstehung, zur Verbreitung und zu den Auswirkungen heutiger Erkrankungen. Sie tragen somit auch zur Erweiterung des Blickfeldes auf gegenwärtige Krankheiten bei (COCKBURN 1978). Lücken in der Beschreibung der Lebensumstände durch fehlende schriftliche Überlieferungen, dem Forschungsobjekt der geschichtlichen Medizin, können somit geschlossen werden. Des Weiteren werden Fähigkeiten und Kenntnisse der damaligen Heilkünstler in Hinblick auf die Therapie von Erkrankungen deutlich. Die Analyse krankhafter Knochenveränderungen lässt weiterhin auf den Umgang mit Erkrankten und den Stand der Entwicklung sozialen Verhaltens schließen. Vergleiche einzelner Gruppen von Individuen geben letztendlich Aufschluss zur regionalen und zeitlichen Krankheitsbelastung unserer Vorfahren.