Ich möchte eine Heimat
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Aus dem Inhalt: Als Baby hatte ich eine weisse Hautfarbe, erzählte meine Mutter, was in der Familie und Verwandtschaft eine grosse Freude auslöste, denn es gab wenige hellhäutige oder blonde Personen in unserer Verwandtschaft. Es muss ein Komplex gewesen sein von meiner Familie und Verwandtschaft eine dunklere Hautfarbe zu haben. Dieser Minderwertigkeitskomplex liegt aber auch darin begründet, dass die türkische Gesellschaft, auch heute noch, dunkelhäutige Menschen entweder als Kurden oder Zigeuner abstempelt, als ob ihnen ihre Minderwertigkeit auf die Stirn geschrieben wäre. Mitte der 70’er Jahre gab es sehr wenige Absolventen der Universität in der Türkei. Man muss ja bedenken, dass die Spuren des 2. Weltkrieges in der Türkei noch immer allgegenwärtig waren, und dass Lebensbedingungen noch immer sehr hart waren. Die Türkei war zu dieser Zeit ein Land, dass sich von den vielen Schlägen des 2. Weltkrieges nur langsam erholte. Ich kann mich noch erinnern, wie wir um die Gaslampe herum gesessen haben und dabei sehr eindrucksvolle Gespräche geführt worden sind. Ich weiss auch noch, dass wir keinen Fernseher hatten. Die kleinen Jungen und die Männer besuchten die Männercafes um fernzusehen. Die Männercafes sind Treffpunkte nur für Männer. Sie werden meistens von Greisen und arbeitslosen jungen Männern besucht. Dort wird türkischer Mokka und sehr viel Tee getrunken und dazu sehr viele Zigaretten geraucht. Man erstickt in solchen Räumen beinahe, so dicht ist der Nebel aus Zigarettenrauch. Noch dazu sind die Tische meist sehr eng aneinander gestellt. Meine älteren Cousinen machten jedes mal einen Umweg, wenn ein Männercafe in Sicht war. Es galt als sehr ungezogen, wenn ein junges Mädchen genau vor dem Männercafe vorbeiging. Wenn es keinen Umweg gab, liefen meine Cousinen mit gesenktem Blick daran vorbei, ein Augenkontakt war unbedingt zu vermeiden.