Die Strafbarkeit aktiver Sterbehilfe - ein Beispiel für symbolisches Strafrecht?
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Die aktive Sterbehilfe ist seit Jahrzehnten Gegenstand der öffentlichen Debatte. Insbesondere im Hinblick auf eine Straflosigkeit dieser Form der Sterbehilfe in den Niederlanden haben sich die Politik, Kirchen und Interessensverbände in Deutschland gerade in jüngster Zeit wiederholt und vehement gegen eine Entkriminalisierung auch hierzulande ausgesprochen. Die Bestrafung der aktiven Sterbehilfe überzeugt jedoch unter dogmatischstrafrechtswissenschaftlichen Gesichtspunkten wenig. Zum einen ist die Grenzlinie zwischen der in Deutschland straflosen indirekten Sterbehilfe, wie sie täglich in deutschen Krankenhäusern durchgeführt wird, und der strafbaren aktiven Sterbehilfe fließend. Die Arbeit legt zum anderen dar, dass die indirekte und auch die passive Sterbehilfe in Deutschland unter Inkaufnahme mangelhafter dogmatischer Begründungen und auch bei moralisch fragwürdiger Motivation des „Sterbehelfers“ noch als zulässig angesehen werden können. Die verschiedenen Strafzwecke fruchten – so legt die Arbeit weiter dar – für den Fall der aktiven Sterbehilfe nicht. Demzufolge drängt sich die Frage auf, ob die Pönalisierung aktiver Sterbehilfe allein der Aufrechterhaltung des Tabus der aktiven intendierten Tötung dient, ohne einen effektiven Rechtsgüterschutz zu bewirken, ob es sich bei dieser Strafnorm also um eine solche mit lediglich symbolischer Funktion handelt. Zur Klärung dieser Frage untersucht die Verfasserin zunächst, welche Wertvorstellungen die aktive, intendierte Tötung mit einem so ausnahmslosen Tabu belegen. Hierzu erfolgt zunächst eine geschichtliche Betrachtung der gesellschaftlichen Wertung des Suizids und der aktiven Sterbehilfe. Ferner wird als ein entscheidender Faktor in westlichen Kulturen die christliche Sichtweise eines so gewählten Freitodes untersucht sowie die Frage, wie stark der Einfluss des Glaubens und der Kirchen bis heute im Hinblick auf eine fortdauernde Pönalisierung der aktiven Sterbehilfe ist. Alle Betrachtungen erfolgen sowohl für Deutschland als auch für die USA, um so die für Deutschland gefundenen Thesen durch Erkenntnisse über ein Land, in dem die aktive Sterbehilfe ebenso bestraft wird, zu untermauern. Ein Blick in Religionen insbesondere der östlichen Hemisphäre dient der Verdeutlichung, dass die Bestrafung aktiver Sterbehilfe zu einem bedeutenden Teil auf den Einfluss der christlichen Religion zurückzuführen ist. Im Anschluss hieran erörtert die Verfasserin, inwieweit die Bestrafung aktiver Sterbehilfe dem Rechtsgüterschutz dient. Eine Untersuchung der unterschiedlichen Definitionen von Rechtsgüterschutz legt dar, dass die Bestrafung der aktiven Sterbehilfe nach dem heutigen Verständnis des Begriffes keinen Rechtsgüterschutz gewährt. Damit sieht die Verfasserin die Pönalisierung aktiver Sterbehilfe als einen Beispielsfall symbolischen Strafrechts „entlarvt“. In einer abschließenden Stellungnahme führt sie aus, warum sie die Strafnorm unter diesem Gesichtspunkt strafrechtstheoretisch für nicht legitimiert hält.