Notwendigkeit und Möglichkeiten einer Entkriminalisierung leicht fahrlässigen ärztlichen Handelns
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[Kursivschreibungen beachten - vgl. Ausdruck!] Noch vor ein paar Jahrzehnten beschäftigten Arzthaftungsprozesse und gegen Ärzte geführte Strafverfahren eher selten die Gerichte. Dieses Bild hat sich jedoch bis heute derart gewandelt, dass mittlerweile das „Medizinrecht“ zumindest faktisch als eigenes Rechtsgebiet anzusehen ist. In jüngster Zeit gerät nun gerade ein spezieller Bereich des Medizinstrafrechts verstärkt ins Blickfeld aktueller Diskussionsbeiträge. Es handelt sich um die Frage der Strafwürdigkeit (leicht) fahrlässigen ärztlichen Handelns, da in diesem Zusammenhang zunehmend Zweifel geäußert werden, ob der bisherige Rechtsrahmen noch den gegenwärtigen, besonderen Umständen des ärztlichen Berufes gerecht wird. Derartige Zweifel reichen bis hin zu Forderungen, das „Risiko“ eines Arztes, sich infolge fahrlässigen Handelns strafbar zu machen, zumindest im Rahmen des Möglichen einzuschränken. Im Ergebnis steht mithin eine „Entkriminalisierung“ bzw. „Privilegierung“ (leicht) fahrlässigen ärztlichen Handelns zur Debatte. Zwar erscheint ein solches Ansinnen auf den ersten Blick mitunter provokativ, bei genauerem Hinsehen ordnet es sich aber in den Kontext einer immer wiederkehrenden Grundfrage des Medizinrechts ein. Denn seit je her werden Überlegungen angestellt, ob und inwieweit der Medizinbereich überhaupt rechtliche Vorgaben benötigt, ohne dass der für einen Heilungserfolg dem Grunde nach als notwendig erachtete ärztliche Entscheidungs- und Handlungsspielraum mehr als unbedingt nötig beschnitten wird. In welchem Umfang die Entkriminalisierung ärztlicher Fahrlässigkeit tatsächlich möglich und gegebenenfalls auch notwendig wäre, ist daher Gegenstand der vorliegenden Arbeit und wird anhand einer umfassenden Aufarbeitung der ärztlichen Fahrlässigkeitsproblematik untersucht. Zu diesem Zweck erfolgt unter anderem die Auseinandersetzung mit wesentlichen Aspekten und Umständen, die die Stimmen für eine Entkriminalisierung leicht fahrlässigen ärztlichen Handelns ler werden lassen. Des Weiteren legt eine Darstellung der geltenden Rechtslage den Grundstein, um die in der Entkriminalisierungsdiskussion ausgetauschten Argumente und Vorschläge vor ihrem jeweiligen Hintergrund verstehen und der richtigen dogmatischen Stelle zuordnen zu können. Zur Vertiefung des grundlegenden Verständnisses der Thematik dienen zudem ein kurzer Blick auf die historische Entwicklung der Fahrlässigkeitsstrafbarkeit an sich sowie eine auf augenfällige Parallelen ausgerichtete rechtsvergleichende Betrachtung. Im Mittelpunkt steht danach die Auseinandersetzung mit zentralen Argumentationsstrukturen, die für und wider eine Reform ärztlicher Fahrlässigkeitsstrafbarkeit in Anspruch genommen werden können. Auf dieser Basis wird schließlich nach der Behandlung einzelner Reform- und Alternativvorschläge zur Regelung ärztlicher Fahrlässigkeitsstrafbarkeit ein eigener Lösungsvorschlag im Hinblick auf den Umgang mit leicht fahrlässigem ärztlichen Handeln entwickelt und präsentiert.