Die Macht der Lieder
Autoren
Mehr zum Buch
Die vorliegende Studie beschreibt die weltliche Vokalmusik (polyphones Lied, Madrigal, Lautenlied) der Tudorzeit im Sinne des performative turn der Kulturwissenschaften. Im Gegensatz zu früheren Studien, die primär am Paradigma des Textes orientiert waren, wird in diesem Band der Versuch unternommen, Vokalmusik nicht nur als Text, sondern auch als Medium sozialen Handelns zu verstehen. Das Fokussieren auf die performative Qualität des Liedrepertoires erlaubt es, eine andere, erweiterte Geschichte des Liedes zu erzählen. Diese Geschichte beschränkt sich nicht auf die Darstellung von Werken und ihren Schöpfern, sondern analysiert und beschreibt Vokalmusik als soziale und kulturelle Praxis. In einzelnen Fallstudien wird gezeigt, wie Lieder die Kultur bestimmter gesellschaftlicher Schichten im frühneuzeitlichen England nicht nur abbildeten, sondern zugleich eine aktive Rolle in der Hervorbringung und Ausübung dieser Kultur spielten. Die Macht und Bedeutung der Lieder wird dabei in verschiedenen kulturellen Praktiken sichtbar: Lieder dienen als Medium bei der Repräsentation von Monarchen (Heinrich VIII., Elisabeth I.) und sind fester Bestandteil des höfischen Lebens. Daneben kommt ihnen im Professionalisierungsdiskurs der Komponisten und in der Herausbildung des Werkbegriffs eine zentrale Bedeutung zu. Weiterhin werden sie bei der Konstruktion und Subversion von Geschlechterbildern eingesetzt, und sie verleihen der aufstrebenden bürgerlichen Schicht eine Stimme.