Zurechnung bei Thomas von Aquin
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In dieser Arbeit geht es um eine historisch-systematische Rekonstruktion der Zurechnungslehre des mittelalterlichen Denkers. Während primär Thomas' Zurechnungslehre, einschließlich ihrer Entwicklung und ihres Verhältnisses zu Aristoteles, erarbeitet wird, wird darüber hinaus untersucht, ob es Anknüpfungspunkte für die aktuelle Diskussion gibt. Dafür wird exemplarisch ein ethisch und juristisch besonders schwieriger Punkt, die »actio libera in causa« (a. l. i. c.), herausgegriffen. Als Ergebnis zeigt sich, dass Thomas von Aquin bereits über ein erstaunlich hohes Problembewusstsein zu dieser an sich recht neuzeitlichen Fragestellung verfügt und ein umfassendes System sämtlicher, einem einzelnen Menschen zurechenbarer Verhaltensweisen anbietet. Die Willentlichkeit als prinzipielles Zurechnungskriterium wendet der Aquinate in weitgehend überzeugender Weise selbst auf recht komplizierte Sachverhalte etwa in Zusammenhang mit Gefährdungshaftung oder unterlassener Sorgfaltspflicht an. Er unterscheidet auch schon vorsätzliche, grob fahrlässige und fahrlässige Handlungen, Schuldausschließungs- und Rechtfertigungsgründe und erörtert die Fragen von Notwehr und Notstand. Für die noch im heutigen deutschen Strafrecht verwandte Rechtsfigur der »a. l. i. c.« erweist er sich in einer angemessenen Differenzierung als ihr inhaltlicher Begründer und liefert für die aktuelle, wieder neu aufgeflammte Debatte dazu durchaus noch zu reflektierende Gesichtspunkte.