Friedrich Hölderlins Mythopoesie als neue Mythologie
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Für wenige Autoren ist das Verständnis der eigenen Dichtung als Mythopoesie so zentral gewesen wie für Friedrich Hölderlin. Es gab in den letzten Jahrzehnten zwar zahlreiche Publikationen zum goethezeitlichen Projekt einer «Neuen Mythologie» und in Einzeluntersuchungen zu Hölderlin wurde immer wieder auf sein Verständnis des Mythos und auf die mythopoetische Praxis in einzelnen Gedichten eingegangen. Eine historisch-rekonstruktive Gesamtdarstellung, die sowohl Hölderlins Theorie des Mythos im Kontext der Idee der Neuen Mythologie wie auch seine spezifische Mythopoetik und -poesie anhand präziser Analyse seiner mythopoetischen Texte herausarbeiten soll, fehlt jedoch. Angesichts des Verdikts des Scheiterns der Neuen Mythologie wäre zu fragen: Sollen alle Erfindungen von Mythen gerade wegen des fehlenden Allgemeinheitspotenzials als «Privatmythologie» betrachtet werden? Inwiefern ist die Mythopoesie als Produkt individueller imaginativer Aktivität an die Idee der Neuen Mythologie anzuknüpfen? Hölderlins Mythopoesie zeigt, dass eine vom reflexiven Akt des modernen Dichters konstruierte neue Mythologie als immer neu zu generierende Antwort auf die von der Neuen Mythologie gestellten Sinnfragen ihr Allgemeinheitspotenzial enthält. Damit wäre sie mehr als nur eine «Privatmythologie».