"Raubritter" zwischen Heide, Harz und Weser
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Kaum ein anderes Phänomen wie das spätmittelalterliche anarchische Raubrittertum hat die Phantasie des Volkes in so hohem Maße beflügelt. Jener Zeit, in welcher die Fehde zu Raub- und Brandzügen gegen hilflose Fuhrleute, Dörfer und kleine Städte entartete, hat sich der Autor in aller Ausführlichkeit gestellt. Insbesondere während des 14. Jahrhunderts nahmen die immer grausamer werdenden Fehden und Räubereien des Adels in ihrer Anzahl und Brutalität zu. So mangelt es in unserer Geschichte nicht an verwegenen Gestalten und zugleich Mitgliedern der namhaftesten Adelsfamilien wie den „Haudegen und Abenteurern Heinrich von Veltheim und Cord von Steinberg, Claus Barner, Raubritter Herwig von Uetze oder dem „Adelsrebellen Borchard von Saldern, der sich derselben Methoden bediente, wie auch die von Saldern auf ihrem Raubschloss Lichtenberg immer für „Schlagzeilen gut sind. Keineswegs weniger bedeutend waren die von Schwicheldt zur Harzburg und anderenorts, die von Mandelsloh zu Mandelsloh und (Schloss-)Ricklingen (westl. Hannover) usw. Selbst den berüchtigten „Räuber Lippold - mit seinem grauenvollen Sagenschatz -, der von seiner festungsartig ausgebauten Felsenhöhle bei Brunkensen (Alfeld) aus sein Unwesen trieb, haben wir zu berücksichtigen. Der Reigen spannt sich bis hin zu all den nicht minder spektakulären „Vorbildern“ wie den „Raubgrafen von Spiegelberg an der Weser, dem „bösen Herzog Otto „von der Leyne und dem Herzog Friedrich Turbulentus (nomen est omen), um nur einige der prominentesten Vertreter zu nennen. Sie hatten die unterschiedlichsten Motive, waren oft fromm und auf ihre Ehre bedacht, doch sie taten sich als Wegelagerer hervor; manchmal fast ihr ganzes Leben lang geächtet und vogelfrei, gingen sie mehr oder weniger rechtmäßig ihren Fehden nach und scherten sich nicht um Gesetz und Moral. Insbesondere dank des umtriebigen Quaden, der keiner Fehde aus dem Wege ging, waren auch die Ritterbünde der Sterner- und Sichelgesellschaft und ihr Kampf gegen die militanten Raubhorden der Bengeler zu berücksichtigen. Ebenso haben wir Berührungspunkte zu den „Raubgrafen“ von Regenstein, zur Ermordung des Grafen Dietrich von Wernigerode und zu den weitberüchtigten Brüdern von Quitzow aus dem märkischen Raubadelsgeschlecht. Das an den Tag gelegte Gewaltspektrum reicht von frühen Raubtaten der Placker und Landverderber, welche die Gegend - noch zur Hochblut des edlen Rittertums - drangsalierten, über die Exzesse des Quaden bis hin zum Krieg gegen deren Raubfesten und „Zwingburgen, die allmählich unter dem alliierten Bombardement der städtischen und landesfürstlichen Donnerbüchsen in Schutt und Asche sanken. Und wir werden erleben, dass weder hierin noch in einer etwa gewachsenen Moral und inneren Einsicht, und schon gar nicht in der Folge eines Reichsgesetzes der Grund für die allmähliche Abnahme der Fehden zu suchen ist. Das allemal dramatische Szenario lässt die unglaublich abenteuerliche Realität einer vergangenen Epoche auferstehen. Dabei wird auch das Schicksal der ohnehin gedrückten und unter dem ewigen Rauben, Brennen und Plündern des seinerzeitigen Fehdeterrors zusätzlich leidenden und dabei ja völlig unschuldigen Landbevölkerung nicht ausgespart. Bei alledem wartet der Autor nicht mit ausgedachten oder überzeichneten Geschichten auf, sondern mit recherchierter Geschichte, und die gereicht allemal zu einer spannenden Darstellung, welche den Leser zu binden vermag. So entführt das Buch in eine faszinierende ferne Welt, an welche gerade noch einige, jedoch imposante Relikte erinnern.