Bild - Bühne - Architektur
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Der grundlegende Kulturwandel, der sich in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts vollzog, zeigte sich auf der Theaterbühne und in der Architektur gleichermaßen eindrucksvoll. Die feurigen Pfeile Nietzsches wirkten in den Herzen der jungen Künstler; vielfältige Strömungen suchten in Ablehnung von Tradition und Historie das Neue. Fritz Schumacher war einer dieser jungen Künstler. Wer sich für die Architektur und das Stadtbild Hamburgs interessiert, stößt überall auf die Werke und den Einfluss Schumachers. Als Architekt hat er die Stadt geprägt wie kein zweiter Baumeister. Sein engagiertes Wirken wurde vielfältig gewürdigt, seine stadtplanerischen Leistungen fanden internationale Anerkennung. Ganz im Gegensatz zur großen Popularität seines Bauschaffens sind seine Entwürfe für das Theater heute kaum noch bekannt – und das, obwohl ihn 1922 die Zeitschrift Die Form zu den Hauptreformern des deutschen Bühnenbilds zählte. Fritz Schumachers Festspiel Phantasien in Auerbachs Keller von 1899, sein Hamlet 1909 am Königlichen Schauspielhaus in Dresden, sein Macbeth am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg und seine Entwürfe für eine Monumentalbühne um 1920 zeigen anschaulich die Entwicklung seiner szenischen Arbeiten. Mit zeichnerischem Talent skizzierte er stilisierte, reliefartige Bühnen und forderte kämpferisch die Gestaltung der Bühne als Aufgabe für den Architekten ein. Die Bauten Schumachers erscheinen in einem neuen Licht, wenn sie mit dem Wissen um sein Schaffen für das Theater betrachtet werden. Die auf der Bühne wirksamen Mittel, die stilisierte Abstraktion, die rhythmische Abfolge von Elementen und das Schichten von Ebenen, erzeugen auch in der Architektur Schumachers einen bildhaften Eindruck. Deutlich wird dies mit Blick auf das Krematorium in Dresden-Tolkewitz von 1908 und die Staatliche Kunstgewerbeschule in Hamburg sowie der in den 1920er Jahren erbauten Hamburger Finanzdeputation, der Friedhofskapelle XIII und der Volksschule Wendenstraße. Wie sehr Bühnenbild und Architektur gleichermaßen von der Idee des Inszenatorischen bestimmt sind, zeigt sich auch in Schumachers Schriften und seiner Rezeption der Theorien Adolf von Hildebrands und Friedrich Nietzsches. So wird die Auseinandersetzung mit Schumachers Bühnenbildern und seiner Architektur zu einem generellen Schlüssel für das Verständnis der geistigen Impulse in der Zeit des beginnenden 20. Jahrhunderts.