Menschen und Vermächtnisse
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Bürgertestamente stellen eine einzigartige Quellengattung zur Erschließung der mittelalterlichen Lebenswelt dar: Was bewegte die mittelalterlichen Menschen wenn sie ihr Testament aufsetzten? Welche Regelungen trafen die Bürger, was wurde vererbt und wer wurde bedacht? Gerade die umfangreich überlieferten Braunschweiger Testamente sind aufschlussreich, da sie sich im Verlauf des Untersuchungszeitraums stark veränderten und so Rückschlüsse auch auf Testamente als Mittel zur Aushebelung vorgegebener erbrechtlicher Verordnungen zulassen. Im Gegensatz zu Bürgern anderer Städte gestalteten die Braunschweiger Bürger des 14. Jahrhunderts ihre Testamente äußerst individuell und versahen sie mit insbesondere für die historische Forschung interessanten Zusätzen. Nicht nur auszählbare Informationen wie Empfängerkreise, Legat-Arten und Formularteile finden sich im Braunschweiger Testamentsbestand, sondern auch Informationen über Familienzwistigkeiten, Ausschlüsse von Erbansprüchen sowie über den Tod des Bedachten hinausgehende Verordnungen. Aber auch die einzelnen Legate bieten Informationen über das Alltagsleben und die Vorstellungswelten der mittelalterlichen Bürger. Die Nennungen einzelner Haushaltsgegenstände, Möbel, Schmuck- und Kleidungsstücke geben uns Einblick in die Lebenswelt der Testatoren. Verschiedenste Verteilungen frommer Stiftungen veranschaulichen die Heilsvorstellungen der mittelalterlichen Menschen; eine besonders breite Streuung kleiner Legate an unterschiedliche Personen läßt auf den Wunsch eines nachhaltigen Erinnerns an die eigene Person schließen. Im untersuchten Bestand finden sich drei Fälle, in denen zwei unterschiedliche Testamente desselben Testators überliefert sind. In einem Exkurs der Studie werden diese miteinander verglichen und lassen interessante Schlüsse über Entwicklungen und Ereignisse im Leben der Testatoren zwischen den beiden Testierzeitpunkten zu.