Bis an die Grenzen
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Die Bilder gingen um die Welt: Verzweifelte afrikanische Flüchtlinge, die zu Tausenden mit Hilfe improvisierter Leitern versuchen, den sechs Meter hohen Drahtzaun zu überwinden, der Marokko von der spanischen Exklave Melilla trennt – vor sich die bewaffnete Guardia Civil, im Rücken das marokkanische Militär. Der aus Kamerun stammende Fabien Didier Yene ist einer von ihnen. Immer wieder rennt er gegen den Grenzzaun an oder versucht schwimmend europäischen Boden zu erreichen. Immer wieder wird er zurückgeworfen, aufgegriffen, an die Grenze abgeschoben, einmal mit ein paar anderen mitten in der Wüste zurückgelassen. In der dritten Person erzählt er von seiner Reise nach Europa, die mit dem Untergang des Dorfes beginnt, in der er geboren wurde, und in Marokko zu einem vorläufigen Stillstand kommt. Dazwischen liegen die Länder Tschad, Nigeria, Niger, Libyen, Algerien. Dazwischen liegen vor allem jene Erfahrungen, die man lesend mit dem Erzähler teilt: die Durchquerung der Wüste, die Erpressung durch Schlepper und windige Geschäftsleute, das Leben in illegalen Ghettos, Hunger und Entbehrungen, die unbeschreibliche Brutalität von Exekutivorganen und die Feindseligkeit der Einheimischen, die ständige Angst, entdeckt oder ausgeraubt zu werden, das sukzessive Abhandenkommen aller Illusionen. Aber auch das: Momente der Freundschaft, der Solidarität, des Atemholens. Seine literarische Qualität zieht das Buch aus dem nüchternen, stellenweise lakonischen Ton, den Yene als Chronist in eigener Sache wählt – im Willen, stellvertretend für all die anderen Zeugnis abzulegen und schreibend ein Stück Handlungsmacht über die eigene Geschichte zurückzugewinnen.
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