Tied commuter
Autoren
Mehr zum Buch
Das Mobilitätsverhalten beruflicher Pendlerinnen und Pendler hat sich seit den 1970er-Jahren stark verändert. Aufgrund der erhöhten Frauenerwerbsquote sind gemeinsame Umzüge über längere Distanzen gerade in Doppelverdienerhaushalten eher selten geworden. Stattdessen nehmen erwerbstätige Männer und Frauen heute teilweise lange Pendelwege auf sich, um an ihre Arbeitsplätze zu gelangen. Vor allem lukrative Stellenangebote an entfernte Orte stellen Partner mit gemeinsamem Wohnsitz vor zum Teil schwer verhandelbare Mobilitätskonflikte. Das berufliche Pendeln und seine Begleiterscheinungen finden sich mittlerweile regelmässig in der Tagespresse wieder. Blockierte Strassen und überfüllte Züge sind während den Stosszeiten zur Regel geworden. Auf politischer Ebene wird diskutiert, wie diese zunehmend negativ wahrgenommenen externen Effekte steigender Mobilitätsbedürfnisse gelöst werden könnten. Der Umstand, dass es vielfältige soziale, wirtschaftliche und kulturelle Aspekte sind, die den veränderten Mobilitätsmustern zugrunde liegen, verlangt von politischen Entscheidungsträgern viel Sachwissen und Verständnis über die Zusammenhänge. Die in diesem Beitrag gesammelten Studien zeigen, wie erwerbstätige Männer und Frauen mit einem gemeinsamen Haushalt Wege aus ihrem potenziellen Mobilitätskonflikt finden können. Unter welchen Umständen kommt es zu einem Umzug, wann wird gependelt? Welcher Partner nimmt das Pendeln eher auf sich und warum? Oder wie werden die Arbeitswege zwischen zwei erwerbstätigen Partnern aufgeteilt? Kann Pendeln den Mobilitätskonflikt lösen und falls ja, welche Rolle spielt dabei das Geschlecht? Die wissenschaftlichen Erkenntnisse dieses Beitrages erklären, wie Paarhaushalte mit Mobilitätsentscheidungen umgehen und welche Faktoren für sie dabei bedeutsam sind. Dadurch können mögliche Effekte zukünftiger politischer Weichenstellungen antizipieren werden. Um Mobilitätsdilemmata in Doppelverdienerhaushalten analysieren zu können, wurde im Rahmen dieser Arbeit der Begriff des ‚Tied Commuters‘ kreiert. Dadurch können theoretische Auseinandersetzungen bezüglich eines Pendelkonfliktes modelliert werden. In Anlehnung an die Haushaltsökonomie und die Begrifflichkeit von Jacob Mincer (1978) wird dabei primär die Karriere des Hauptverdieners berücksichtigt. Gesellschaftliche Normen können aber dazu führen, dass sich in Mobilitätskonflikten manchmal auch der ökonomisch schwächere Partner durchsetzt.