Utopie - Emanzipation - Praxis
Autoren
Mehr zum Buch
Unterscheidet sich die kritische Sozialphilosophie des 19. und 20. Jahrhunderts von den vorherrschenden Trends der offiziellen politischen Philosophie u. a. dadurch, dass sie die bestehende Gesellschaft samt all ihrer sozio-ökonomischen und politischen Widersprüche zum Gegenstand hat und diese ialektisch bewusst in der Perspektive ihrer möglichen Veränderung analysiert, so verfolgen die hier veröffentlichten sozial-philosophischen Interventionen, d. h. Vorträge, Essays und Radiointerviews der letzten zehn Jahre, die Absicht, anhand der Analyse des Werks einzelner hervorragender Repräsentanten dieses kritischen Denkens in Deutschland, Österreich und Frankreich, die jeweils unterschiedlichen Ansätze beim Entwurf einer emanzipatorischen Alternative zur bestehenden bürgerlichen Gesellschaft und zum Kapitalismus herauszuarbeiten. Dabei alternieren und konkurrieren Studien zur neomarxistisch-messianisch-utopischen Ontologie des „Noch Nicht-Seins“ und einer an der Kategorie „Möglichkeit“ orientierten utopischen Praxisphilosophie im Werk von Ernst Bloch sowie Analysen einer den Prinzipien der „Kritischen Theorie der Gesellschaft“ der Frankfurter Schule (Habermas.) verpflichteten Sozialphilosophie – mit ihrer manifesten Tendenz zu einer kommunikationstheoretisch fundierten neuen Rechtsphilosophie – mit Studien, die (a) zwei große Repräsentanten des libertären Denkens im 19. Jahrhundert zum Gegenstand haben (Pierre-Joseph Proudhon und Max Stirner) und (b) das Werk von zwei großen Repräsentanten der zeitgenössischen kritischen französischen Soziologie und Philosophie (Pierre Bourdieu und Jean-Paul Sartre). Ihnen allen gemeinsam ist (trotz aller Unterschiede) die Radikalität eines kritischen Denkens, das mehrheitlich, aber auf der Basis unterschiedlicher philosophischer Ausgangspositionen, traditionelle Herrschafts- und Machtstrukturen in Frage stellt und für die Emanzipation der Individuen und Produzenten aus unwürdigen und entfremdeten Verhältnissen plädiert. War der Begriff der „Praxis“ seit Labriola und Antonio Gramsci gewissermaßen zur theoretischen Leitplanke einer dem Diamat verpflichteten Strategie der kollektiven Emanzipation geworden, so eröffnen sich in der Sozialphilosophie Ende des 20. Jahrhunderts – so die These des Autors – u. a. mit Ernst Bloch und Pierre Bourdieu, nicht zuletzt aber auch mit Habermas und Sartre, neue Perspektiven eines Denkens der emanzipativen Praxis im Kontext des Versuchs der Realisierung der „konkreten Utopie“, eines emanzipationsträchtigen „kommunikativen Handelns“ und einer „radikalen Demokratie“ jenseits der hierarchisch-autoritären Macht- und Herrschaftsstrukturen der Gesellschaften des neoliberalen Kapitalismus.