Ressourcen und Risiken für Frühgeburtlichkeit
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In Deutschland wie auch international sind auf ihrem hohen Niveau verharrende Frühgeburtenraten zu beobachten. Vorzeitige Wehentätigkeit nimmt im Zusammenhang mit Geburten vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche eine herausgehobene Stellung ein, da bei durchschnittlich 45 % der von einer Frühgeburt betroffenen Schwangeren eine vorzeitige Wehentätigkeit voraus geht. In der prospektiven Studie zu der vorliegenden Arbeit wurden 124 Schwangere, die aufgrund vorzeitiger Wehentätigkeit in stationärer Behandlung waren, während der Schwangerschaft sowie postpartal befragt. Die schriftliche Befragung zum ersten Erhebungszeitpunkt wurde in dreizehn Kliniken elf deutscher Städte durchgeführt. Der zweite Erhebungszeitpunkt erfolgte durchschnittlich drei Monate nach der Geburt, in telefonischer oder schriftlicher Form. Ein besonderer Fokus der vorliegenden Arbeit lag in der Untersuchung der Bewältigungsressource Kohärenzgefühl im Kontext von Frühgeburtlichkeit. Frauen mit Frühgeburt verfügten zum ersten Erhebungszeitpunkt über ein signifikant niedrigeres Kohärenzgefühl als Frauen mit Termingeburt. Die Höhe des Kohärenzgefühls erwies sich als signifikanter Prädiktor für die Schwangerschaftsdauer. In diesem Zusammenhang wurde die Relevanz der Bewältigungsressource Kohärenzgefühl bisher nicht beschrieben. Darüber hinaus traten bei den Merkmalen Untergewicht, empfundene Belastung sowie Depressivität Unterschiede auf, wonach Frauen mit Frühgeburt häufiger untergewichtig in die Schwangerschaft gingen und zugleich höhere Ausprägungen an empfundener Belastung sowie Depressivität aufwiesen. Unter der Perspektive Kohärenzgefühlforschung konnte in der vorliegenden Arbeit gezeigt werden, dass die Geburt eines Kindes das Kohärenzgefühl höchst signifikant erhöht. Dieser Befund leistet einen Beitrag, jene gravierenden Lebensereignisse zu spezifizieren, die zu einer Erhöhung des Kohärenzgefühls führen können. Für die Prävention von Frühgeburten leitet sich aus den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit ab, dass in konzeptionelle Überlegungen Ressourcen neben Risikofaktoren einzubeziehen sind. Die stärkere Beachtung von Belastungen sowie der mentalen Befindlichkeit bei Schwangeren und die gezielte Ausrichtung auf besonders vulnerable Gruppen könnten zusätzliche Impulse für neue Wege in der Frühgeburtenvermeidung sein.