Synergistische Führung eines mechatronischen Osteotomieinstruments auf Basis multimodaler Informationen
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Verschiedenste chirurgische Eingriffe (z. B. Herz-Operationen, Tumorresektionen) erfordern ein Durchtrennen platter Knochen (Osteotomie) zur Eröffnung des Operationsfeldes. Dies gilt insbesondere für Indikationen im Rahmen der Neuro-, Herz- und Thoraxchirurgie, für die die sogenannte Kraniotomie (Eröffnung des Schädels) bzw. die Resternotomie (Wiedereröffnung des Brustkorbs über das Brustbein) in dieser Arbeit betrachtet werden. Obwohl sie zu den chirurgischen Standardverfahren gehören, begründen unterhalb der Knochen liegende kritische/sensitive Weichgewebestrukturen ein erhebliches Komplikationsrisiko. So kommt es bei der Kraniotomie in rund 30% der Fälle zu einem Einreißen der Dura mater mit der Gefahr einer Verlängerung der Operationszeit sowie postoperativer Wundheilungsstörungen. Bei der Resternotomie hingegen droht eine Verletzung retrosternaler Strukturen mit der Folge lebensbedrohlicher Blutungen. Dieses Risiko erhöht sich überdies mit jeder Revision und bedeutet eine um bis zu 33% gesteigerte Mortalitätsrate bereits bei der dritten Revisionsoperation. Um den Schutz der Weichgewebestrukturen zu verbessern, wurde am Lehrstuhl für Medizintechnik der RWTH Aachen, als Lösungsansatz für die Kraniotomie, ein handgeführtes Sägeinstrument mit automatischer Schnitttiefenregelung und einer Sägekinematik mit begrenztem intrinsischen Weichgewebeschutz entwickelt [Korff et al. (2011)], [Follmann et al. (2012)]. Im Rahmen dieser Arbeit wird das Verfahren zusätzlich auf die Resternotomie übertragen und es werden für beide Eingriffe die für die automatisierte Anpassung der Schnitttiefe notwendigen neuartigen Sensor- und Regelungskonzepte vorgestellt. Diese sollen die Erfassung der jeweiligen aktuellen lokalen Knochendicke sowie die automatisierte Regelung der Schnitttiefe ermöglichen, während das Instrument frei durch den Chirurgen geführt wird. Unter Berücksichtigung applikationsspezifischer Anforderungen von Kraniotomie und Resternotomie wird die Entwicklung und Umsetzung von drei unterschiedlichen Konzepten auf Basis verschiedener Sensormodalitäten (Computertomographie, Ultraschall, optische Kontaktanalyse) beschrieben. Komplementär zu der abschließenden experimentellen Bestimmung der Gesamtsystemgenauigkeiten wurden, zur Feststellung struktureller Vor- und Nachteile der verschiedenen Lösungsansätze, im Rahmen einer Parameteranalyse die Einflussfaktoren einzelner Teilsysteme und deren Auswirkungen auf das jeweilige Gesamtsystem analysiert. Um die klinische Einsetzbarkeit zu prüfen, erfolgte für alle drei Systeme eine experimentelle Evaluierung unter Verwendung der Funktionsmuster. Für das CT-basierte System ergab sich demnach der geringste Schnitttiefenfehler, gefolgt von dem ultraschallbasierten System. Der im Vergleich höchste Schnitttiefenfehler zeigte sich für das auf optischer Kontaktanalyse basierende System. Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse kann, mit bestimmten Einschränkungen bei dem optischen und ultraschallbasierten System, von einer grundsätzlichen Eignung der vorgestellten Sensor- und Regelungskonzepte ausgegangen werden.