Polyphonie im Film
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Die Studie beschäftigt sich mit dem Problem der Verfilmbarkeit von Dostoevskijs spezifischer Poetik, die von Bachtin als „Polyphonie“ definiert wird. Es wird überprüft, ob die Übertragung einer polyphonen Struktur aus einem literarischen Text auf ein visuelles Medium möglich ist, ohne ihre spezifischen Eigenschaften zu verlieren bzw. mit welchen Instrumenten ein solcher Transformationsprozess realisiert werden kann. Ausgehend von den Theorien Bachtins und Ä–jzenštejns wird eine Definition der filmischen Polyphonie formuliert, die die „Schnittstellen“ zwischen den beiden bisher größten Studien zu diesem Thema berücksichtigt. Mit Hilfe ausgearbeiteter Kategorien werden zwei äußerst unterschiedliche Verfilmungen des Romans „Der Idiot“ (1869) von Dostoevskij untersucht – „Down House“ (KaÄanov, 2001) und „Nastasja“ (Wajda, 1994). Beide Filme liefern keine „klassische“ Übersetzung des Romans auf die Leinwand, sondern entwickeln ein eigenes Konzept, in dem die ursprüngliche Fassung des Romans stark modifiziert wird. Beide Filme haben einen experimentellen Charakter und stellen dank ihrer eigenartigen künstlerischen Lösungen ein interessantes Forschungsmaterial dar. Dabei arbeiten sie mit gänzlich verschiedenen filmischen Instrumenten. Die Verfilmung „Down House“ (2001) von KaÄanov als eine Parodie auf den Roman „Der Idiot“ (1869) steht mit ihren Provokationen, Konventionsbrüchen und allerlei Grenzüberschreitungen ganz im Zeichen der postmodernen Ästhetik. „Down House“ erreicht durch die Positionierung im Kontext der postmodernen Ästhetik eine unerwartete Nähe zur Poetik des ursprünglichen Textes. Innerhalb eines breiten Spektrums von Techniken des postmodernen Kinos konzentriert sich KaÄanov primär auf den Aspekt der Karnevalisierung. „Nastasja“ (1994) ist der krönende Abschluss der langjährigen Suche Wajdas nach einer visuellen Darstellung von Dostoevskijs Welt. Wajda vertieft sich in die Innenwelten von Dostoevskijs Figuren und rekonstruiert visuell die Prozesse der inneren Rede. Der innere Dialog als „literarische“ Methode der Darstellung der inneren Zwiespältigkeit wird zum Bauprinzip des gesamten Films.