Das Konzept des eigenen Landes gemäss Art. 12 Abs. 4 UNO-Pakt II im Lichte der Strassburger sowie der Schweizer Wegweisungspraxis gegenüber Ausländern der zweiten Generation
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Die vorliegende Studie untersucht das Aufenthaltsrecht von ausländischen Personen, die als Nachkommen von Einwanderern (fast) ihr gesamtes Leben in der Schweiz verbracht haben (sog. zweite Generation). An wohl keinem anderen Beispiel lässt sich die Diskrepanz zwischen persönlicher Zugehörigkeit zu einem Land und rechtlichem Ausschluss aufgrund des Bürgerrechts besser aufzeigen als anhand der Situation der zweiten Generation. Diesbezüglich kommt dem Recht auf Einreise nach Art. 12 Abs. 4 UNO-Pakt II und der Praxis des UN-Menschenrechtsausschusses eine besondere Bedeutung zu. Als einzige menschenrechtliche Garantie kann es ausdrücklich auch die Beziehung von ausländischen Personen zu ihrem Aufenthaltsstaat schützen und ihnen somit aufenthaltsrechtlich dieselben Ansprüche vermitteln wie Staatsangehörigen. Art. 12 Abs. 4 UNO-Pakt II ist nicht isoliert zu betrachten. Angesichts der demografischen Entwicklung in zahlreichen europäischen Staaten, die wie die Schweiz eine hohe Zahl ausländischer Einwohner aufweisen, hat sich die Ansicht zunehmend durchgesetzt, dass Angehörigen der zweiten Generation ein weitgehendes Aufenthaltsrecht zukommen soll. Auch der EGMR hat das Aufenthaltsrecht der zweiten Generation in seiner Rechtsprechung zu Art. 8 EMRK seit Beginn der 1990er Jahre sukzessive erweitert. Dieser Entwicklung liegt die Haltung zu Grunde, dass Angehörige der zweiten Generation aufgrund ihrer Sozialisierung zu einem festen Mitglied der Gesellschaft geworden sind, selbst wenn sie das Bürgerrecht (noch) nicht erlangt haben. Deshalb sind gegenüber diesen Personen keine Massnahmen der Exklusion angezeigt, sondern primär der Inklusion. Art. 12 Abs. 4 UNO-Pakt II ist allerdings nicht als Ausnahme, sondern als rechtlicher Ausdruck der diesbezüglich grundsätzlich in Europa herrschenden Wertvorstellung zu verstehen.