Das verknotete Subjekt
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Mit den „Studien über Hysterie“ haben Josef Bauer und Sigmund Freud unserem Jahrhundert das Grundverständnis dieser rätselhaften, manchmal epidemisch grassierenden psychischen Störung und menschlichen Verstörung eingeschrieben: ein traumatischer Konflikt wirft die Seele aus der Bahn, er äußert sich in Symptomen, die mit ihm scheinbar nichts zu tun haben, und haust unerkannt im Unbewußten. Sich der Hysterie zu stellen, heißt, zu dem riesigen Kontinent des Unbewußten aufzubrechen. Die Entdeckungsfahrten sind Legion, manchmal wurden auch sie in hysterischer Erregtheit unternommen. Hundert Jahre später, mitten in unserer Epochenwende, ist Zeit für eine Bilanz. Elisabeth Bronfen befragt Kronzeugen: die Medizingeschichte der Hysterie seit Hippokrates, die Philosopheme über den Sinn unseres Dasein, die kulturellen Zeugnisse vom „König Ödipus“ des Sophokles bis zu Filmen wie Hitchcocks „Psycho“ und Woddy Allens „Zelig“. Mit dem Durchtrennen der Nabelschnur beginnt das selbständige Leben, und zugleich werden wir von der Vergangenheit erst durch den Tod endgültig abgenabelt. In den „Fallbeispielen“ Bronfens erscheint „Die Zauberflöte“ als das Drama von der Entstehung der bürgerlichen Familie; „Madame Bovary“, dieser exemplarische Roman, bei dem es um Nichts geht, ist auch die verzweifelte Symptombildung eines hysterischen Autors; Stokers „Dracula“ führt ein Hysterie-Theater auf wie der legendäre Pariser Arzt Charcot. Elisabeth Bronfens Auseinandersetzung mit der Hysterie ist eine faszinierende Kulturgeschichte und zugleich der Nabel eines zeitgemäßen Menschenbildes.