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Der russische Traum

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Russland als Sphinx, als immerwährendes Rätsel, ungeeignet von den Menschen im Westen verstanden, von den Russen selbst erklärt zu werden - kaum ein anderes Klischeebild geistert so hartnäckig in den Publikationen aller Art über Russland, sobald versucht wird, etwas Schlüssiges über dieses Land zu sagen. Wie jedes altgediente Klischee wirkt auch dieses inzwischen reichlich banal; es weckt den Verdacht, der Hinweis auf das Rätselhafte der „russischen Seele“ soll lediglich die fehlende Bereitschaft verdecken, sich gegenüber dem Erbe der russischen Kulturgeschichte klar zu positionieren und dessen offenkundige Defizite beim Namen zu nennen. Dabei berufen gerade wir Deutsche uns gern auf unser traditionell enges Verhältnis zu den Russen, denen wir uns immer wieder als Partner, als Freunde, als „ehrliche Makler“ im Dialog Russland via Westen anempfehlen. Der Tatbestand einer jahrhundertelangen deutsch-russischen Partnerschaft ist unbestritten, ihr Stellenwert für heute und morgen kaum zu überschätzen. Wohlstand und Sicherheit in Europa werden auf Dauer ohne befriedetes und prosperierendes Russland stets gefährdet bleiben. Um so unabweisbarer wird die Notwendigkeit, unserem Verhältnis ein festes Fundament einer nicht zu hinterfragenden Wertegemeinschaft zu geben. Der Autor setzt sich mit den Defiziten der russischen Kulturgeschichte auseinander, die dem Ziel einer solchen Wertegemeinschaft bislang im Wege stehen. In einer Analyse, die in der Gründungsphase der russischen Staatlichkeit ansetzt, wird minutiös die Entstehung jener religiös-politischen Weichenstellungen nachgezeichnet, die für den „besonderen Weg“ Russlands verantwortlich sind. Die Übernahme des byzantinischen Wertekanons bewirkte die Herausbildung der beiden Prägemerkmale der russischen Befindlichkeit gegenüber dem Westen: des Gefühls der Marginalität und gleichzeitig der geistigen Überlegenheit gegenüber den „Lateinern“. Gerade die orthodoxe Kirche hat nach Ansicht des Autors entscheidenden Anteil an der Entfremdung Russlands von der gesamteuropäischen Kulturgeschichte. Der Ausschluss von ihren Umbrüchen -- der Renaissance, der Reformation und der Aufklärung -- vertiefte den Wertedissens, der auch heute noch im politischen Alltagsgeschäft zu spüren ist. Die Überwindung dieses Dissens stellt die grundlegende Voraussetzung für den Aufbau einer neuen, zukunftsfähigen gesamteuropäischen Partnerschaft dar. Die Realisierung dieses Projekts setzt allerdings die Kenntnis der kulturgeschichtlichen Traditionen Russlands voraus; diese zu definieren bildet das Hauptanliegen des Buches.

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2003

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