Medien der Offenbarung
Autoren
Parameter
Kategorien
Mehr zum Buch
Komplementär zur Offenbarung im Wort ist das Christentum auf visuelle Medien angewiesen, die Einblick in den Bereich des ansonsten Unsichtbaren gewähren. Ein solches Medium ist für das christliche Mittelalter die Vision, die aber der Übertragung in materielle Bilder bedarf, um nicht nur für das Auge einzelner Auserwählter, sondern auch für einen größeren Kreis von Betrachtern zugänglich zu sein. Wann und wie es einzelnen Menschen möglich ist, das Unsichtbare zu sehen, ist im Mittelalter Gegenstand beständigen Nachdenkens. Die Werke der Bildkunst liefern einen eigenständigen Beitrag zu diesem Diskurs. Dabei geht es – anders als später in der Neuzeit – nicht so sehr darum, die paradoxe Seherfahrung einer Vision mimetisch zu simulieren. Stattdessen liefern die Bilder Lagepläne, die den unterschiedlichen Arten des Sehens spezifische Orte innerhalb der Bildstruktur zuweisen: äußere Wahrnehmung und innere Schau des Menschen werden durch Grenzziehungen in ihrem Verhältnis definiert. Dazu kommt als dritte Position das Auge Gottes, das durch das menschliche Sehen immer schon hindurchsieht. In diachroner Perspektive nimmt das Buch drei mediale Konstellationen in den Blick, die die Geschichte der Visionsdarstellung zwischen Früh- und Spätmittelalter prägen: die Vision als Schrift-Bild (frühmittelalterliche Apokalypse-Handschriften, Visionsbücher Hildegards von Bingen und Birgittas von Schweden), die Vision als Innen-Raum (Traum- und Himmelfahrtsdarstellungen, englische Apokalypse-Zyklen, Adorations-Diptychen) und die Vision als Körper-Zeichen (die Stigmatisierungen des Franziskus und Katharinas von Siena, Darstellungen der Gregorsmesse). Die Geschichte mittelalterlicher Visionsdarstellungen gibt so nicht nur wertvollen Aufschluss über den hohen Stellenwert bildgestützter Kommunikation innerhalb einer (angeblichen) “Schriftreligion”, sie fördert auch eine Vorgeschichte jener offenen Bild- und Medienkonzepte zutage, die das auf Mimesis basierende Staffeleibild der Neuzeit seit der Moderne wieder ablösen.
Buchkauf
Medien der Offenbarung, David Ganz
- Sprache
- Erscheinungsdatum
- 2008
Lieferung
Zahlungsmethoden
Deine Änderungsvorschläge
- Titel
- Medien der Offenbarung
- Sprache
- Deutsch
- Autor*innen
- David Ganz
- Verlag
- Reimer
- Erscheinungsdatum
- 2008
- Einband
- Paperback
- ISBN10
- 3496013761
- ISBN13
- 9783496013761
- Kategorie
- Kunst & Kultur
- Beschreibung
- Komplementär zur Offenbarung im Wort ist das Christentum auf visuelle Medien angewiesen, die Einblick in den Bereich des ansonsten Unsichtbaren gewähren. Ein solches Medium ist für das christliche Mittelalter die Vision, die aber der Übertragung in materielle Bilder bedarf, um nicht nur für das Auge einzelner Auserwählter, sondern auch für einen größeren Kreis von Betrachtern zugänglich zu sein. Wann und wie es einzelnen Menschen möglich ist, das Unsichtbare zu sehen, ist im Mittelalter Gegenstand beständigen Nachdenkens. Die Werke der Bildkunst liefern einen eigenständigen Beitrag zu diesem Diskurs. Dabei geht es – anders als später in der Neuzeit – nicht so sehr darum, die paradoxe Seherfahrung einer Vision mimetisch zu simulieren. Stattdessen liefern die Bilder Lagepläne, die den unterschiedlichen Arten des Sehens spezifische Orte innerhalb der Bildstruktur zuweisen: äußere Wahrnehmung und innere Schau des Menschen werden durch Grenzziehungen in ihrem Verhältnis definiert. Dazu kommt als dritte Position das Auge Gottes, das durch das menschliche Sehen immer schon hindurchsieht. In diachroner Perspektive nimmt das Buch drei mediale Konstellationen in den Blick, die die Geschichte der Visionsdarstellung zwischen Früh- und Spätmittelalter prägen: die Vision als Schrift-Bild (frühmittelalterliche Apokalypse-Handschriften, Visionsbücher Hildegards von Bingen und Birgittas von Schweden), die Vision als Innen-Raum (Traum- und Himmelfahrtsdarstellungen, englische Apokalypse-Zyklen, Adorations-Diptychen) und die Vision als Körper-Zeichen (die Stigmatisierungen des Franziskus und Katharinas von Siena, Darstellungen der Gregorsmesse). Die Geschichte mittelalterlicher Visionsdarstellungen gibt so nicht nur wertvollen Aufschluss über den hohen Stellenwert bildgestützter Kommunikation innerhalb einer (angeblichen) “Schriftreligion”, sie fördert auch eine Vorgeschichte jener offenen Bild- und Medienkonzepte zutage, die das auf Mimesis basierende Staffeleibild der Neuzeit seit der Moderne wieder ablösen.