Halbzeit
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Der 35-jährige Anselm Kristlein, verheiratet und Vater dreier Kinder, versucht sich seit dem Abbruch seines Studiums als Vertreter. Als ihm ein Bekannter das Abgebot unterbreitet, als Werbetexter zu arbeiten, steigt er innerhalb eines Jahres zum gefragten Experten auf. Diesen Karrieresprung verdankt Anselm seiner ausgeprägten Fähigkeit zur Anpassung. Er ist ein virtuoser Rollenspieler, dem es allerdings aufgrund der beständigen Ausrichtung an gesellschaftlichen Vorgaben an einer fest umrissenen Identität mangelt. Doch obwohl Anselm unter dieser steten Außenorientierung leidet, ist er ein ausgesprochenes Gesellschaftstier. Da er seine Familie als Einschränkung seiner Freiheit erfährt, verbringt er die meiste Zeit im Kreis seiner Freunde oder bei einer seiner Geliebten. Mit dem Einstieg in die Werbeindustrie erhält er überdies Zugang zur höheren Gesellschaft, in der er mittels seines Talents zur »Mimikry« ebenfalls brillieren kann. Diese Fähigkeit erweist sich als unerlässlich, denn ob im privaten oder öffentlichen Bereich – überall stellt sich das Leben als Konkurrenzkampf dar. Auch die Gesetze der Konsumwelt, mit der Anselm in seinem neuen Beruf intensiv konfrontiert wird, beanspruchen universelle Geltung. Als Anselm die Verlobte eines Freundes für sich zu gewinnen versucht, arbeitet er mit den Mitteln des Werbefachmanns, der sich selbst als Produkt anpreist. Die deformierenden Auswirkungen der dauerhaften Konfrontation einer auf Konkurrenz und Konsum abgestellten Gesellschaft werden offenbar, als Anselm von einem Seminar in den USA krank zurückkehrt und sich einer Operation unterziehen muss. Ob er, wie am Ende des Romans angedeutet, seine Familie als Alternative zum gesellschaftlichen Treiben verstehen kann, bleibt offen.