Für wen du lebst
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Ich weiß nicht, liebe Leserin, lieber Leser, wie alt Sie sind, und was Sie alles bisher erlebt haben. Haben Sie sich dieses Buch zum Lesen ausgewählt, müssen Sie - zumindest seelisch - damit zu tun haben, was die Geschichte des 20. Jahrhunderts an Heimsuchungen für die Menschen Europas mitgebracht hatte. Leiden durch die Hand anderer Menschen wurde den meisten - und wird heute noch vielen - reichlich zuteil. Dieses Buch stellt aber nicht das Leiden selbst dar, sondern die Heilung von den Traumata. Wir Frauen sind ja mehr an Heilung als an Grausamkeiten interessiert. Es ist also eine Frauengeschichte. Ich bin geboren und lebe in einem Land - Ungarn -, wo sowohl Hitler als auch Stalin viele fleißige Vollstrecker gefunden hatten. Die gesellschaftliche Gruppe, der ich zugehöre, erhielt in beiden Zeitperioden ihre schweren Schicksalsprüfungen. Durch dieses Buch möchte ich meinen Lieben ein Denkmal setzen, die mit geradem Rückgrat, ohne sich mit ihren erlittenen Leiden zu brüsten, diesen doppelten Sturm der Geschichte ertragen haben. Sie wollten ihren Kindern nicht Hass, sondern Verständnis und Solidarität beibringen; sie waren imstande, ihre Kinder nach all den Grauen des Holocausts die Liebe zu lehren, da sie aus ihrem früheren Leben über genügend Liebesquellen verfügten. Mein Vater wurde 1944, im Laufe seines Arbeitsdienstes nach Mauthausen verschleppt. Er kehrte heim und verschwand - kaum Vater - in einer schönen Frühlingsnacht 1950 wieder für drei Jahre in einem stalinistischen Arbeitslager. Nie in seinem Leben erzählte er uns etwas über diese Zeiten. Sowohl er als auch meine Mutter wollten vermeiden, dass wir die Menschen hassen, unter denen wir leben. Hier folge ich ihren Intentionen, indem ich nun mit keinem einzigen Wort die Grausamkeiten jener Zeit direkt darstelle. Ich erzähle über das liebevolle Aneinanderklammern während der Zeit der ständigen Angst darüber, also, was ich als Kind in meiner Umgebung erlebt habe.