Experimentelle Untersuchungen zur Wirbeldynamik am überziehenden Triebwerkseinlauf
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Zur Charakterisierung der Topologie und des dynamischen Verhaltens der abgelösten Strömung in einem Triebwerkseinlauf wurden generische Experimente an einer Durchflussgondel in einem Niedergeschwindigkeitswindkanal der Universität der Bundeswehr in München mit klassischen und zeitauflösenden Messtechniken durchgeführt. Basierend auf numerischen Untersuchungen an einem Referenztriebwerk wurde erfolgreich eine rotationssymmetrische Durchflussgondel entwickelt, deren Grenzschichtverhalten unter Windkanalbedingungen die Strömung in einem Triebwerk mit realistischem Massenstrom und integriertem Fan abbildet. Der experimentelle Aufbau ist sorgfältig in Hinblick auf Strömungsqualität und Windkanalkorrekturen analysiert worden, und leichte Abweichungen der Istkontur des Windkanalmodells vom Sollwert konnten als unkritisch für die untersuchten Strömungszustände eingeordnet werden. Die Einleitung der Transition erfolgte in den Experimenten über statisches, wandnormales Ausblasen, um so einen reproduzierbaren Strömungszustand zu gewährleisten. Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigen, dass der überzogene Einlauf durch eine turbulente Ablöseblase an der unteren Einlauflippe charakterisiert wird. Ölanstrichbilder weisen in ihren Wandstromlinienverläufen ein Eulenaugenpaar auf, dessen Größe mit dem Anstellwinkel wächst. Druck- und PIV-Messungen in der Symmetrieebene der Durchflussgondel erlauben Aussagen über Größe und Wachstum der Ablöseblase mit dem Anstellwinkel und stehen in gutem Einklang mit der volumetrischen Darstellung der Ablöseblase aus tomographischen PIV-Messungen. Das aus den komplementären Messungen abgeleitete Modell der Strömungstopologie stimmt mit bisherigen Erkenntnissen in der Literatur gut überein. Die Dynamik des stochastischen Wirbelabwerfens im Einlauf konnte bei hohen Reynoldszahlen von 1.34×10 6 basierend auf den Geschwindigkeitsfeldern einer zeitauflösenden PIV- Messung störungsfrei analysiert werden. So liegen die charakteristischen Frequenzen in der Scherschicht unterhalb von 200 Hz und wandern mit steigendem Anstellwinkel in Richtung kleinerer Frequenzen. Die für das Wirbelabwerfen maßgeblichen, kohärenten Strukturen schwimmen im Bereich der freien Scherschicht ab, was durch die Anwendung zweier Wirbeldetektionsverfahren (? ci-Kriterium, Reynoldszerlegung) bewiesen werden konnte. Demzufolge eignen sich instationäre Druckmessungen an der Modelloberfläche weniger zur Bestimmung charakteristischer Frequenzen des Wirbelabwerfens, sondern eher als Indikator für ein Gebiet rückläufiger Strömung. Die Ergebnisse zur Entwicklung von Wirbelgröße und -stärke in Abhängigkeit von Anstellwinkel und Wandabstand vervollständigen die Beobachtungen zum instationären Verhalten der Einlaufströmung. Für die Validierung neuartiger, numerischer Simulationsmethodiken am Triebwerkseinlauf ist somit eine bislang einmalige Datenbasis generiert worden, die auf dem erfolgreichen Entwurf einer typischen Einlaufströmung unter Windkanalbedingungen basiert. Es konnte gezeigt werden, dass die strömungsmechanischen Phänomene des überzogenen Triebwerkseinlaufs mit den Messverfahren dieser Arbeit sehr gut erfassbar sind und dass die Skalen des instationären Wirbelabwerfens klar von den Skalen der turbulenten Schwankungsbewegung getrennt werden können.