Umgekehrte Mimesis
Bausteine einer Geschichte der Künstlichkeit






Bausteine einer Geschichte der Künstlichkeit
Das Buch führt umfassend in die Literatursoziologie und damit in die gesellschaftlichen Aspekte der Literatur, ihrer Rezeption sowie ihrer Produktion ein.
Literatur und politische Theorie am Beispiel Habsburg
In der gegenwärtigen Literaturwissenschaft spielt die politische Theorie eine untergeordnete Rolle. Eine Ausnahme kann in den postcolonial studies gesehen werden, mit denen eine am Britischen Empire modellierte Theorie weitgehend umstandslos auf andere geopolitische und kulturelle Einheiten angewandt wird. Der vorliegende Band hinterfragt den Stellenwert des postkolonialen Modells für ein differenziertes Verständnis des Zusammenspiels literarischer und politischer Ordnung und stellt als Alternative die Theorie Herfried Münklers vor. Am Beispiel der Literatur des habsburgischen Mythos wird in fünf aufeinander aufbauenden Studien die Theorie Münklers in ihren für die Literatur- und Kulturwissenschaften relevanten Momenten erfasst und exemplifiziert. Münklers Imperientheorie, aber auch seine Schriften zum Krieg sowie zum Mythos und zum Narrativen erweisen sich dabei nicht nur als ein komplexes und kohärentes Theoriegebäude, das es ermöglicht, Fragen der Herrschaft und der Legitimation auf einem hohen Abstraktionsniveau zu verhandeln, sondern auch als eine Theorie mit hoher Relevanz für die Erfassung literarischer und politischer Welten des 20. Jahrhunderts.
Spätestens seit Zygmunt Baumans The Art of Life ist die These in der Welt, dass das Leben des Menschen in der flüchtigen Moderne unvermeidlich ein Werk der Kunst ist. Bauman erklärt uns alle, wenn nicht zu Künstlern, so doch zu Lebenskünstlern, deren Existenz sich dem von Ambivalenzen gekennzeichneten Leben des Künstlers annähert. Welche Ambivalenzen aber sind es, die den Lebenskünstler kennzeichnen und ihn in Einklang mit den Konditionen der flüchtigen Moderne versetzen? Um eine Antwort zu finden, richtet die Studie ihren Blick auf die aus dem Kunstleben des 19. Jahrhunderts geborene Bohème und entfaltet die These, dass die Lebensform der Bohème insofern als prototypisch gelten kann, als sie die Widersprüche der Moderne in einer Weise gelebt und kultiviert hat, die sie vom Rand der Gesellschaft und ihrer Theorie in die Mitte rückte.
Wer glaubt es nicht zu kennen – das Leben der Boheme? Bekannt aus Literatur und Film, verbindet sich mit der Boheme die Vorstellung eines verwegenen, trotz leerer Taschen provokativ-lustvollen Lebens. In Berlin wurde es bereits 1904 von Julius Bab unter dem Label „Kultur-Zigeunertum“ einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt. Gut hundert Jahre später rauscht durch das arme, aber attraktive Berlin erneut das Wort von der Boheme. Die richtige Zeit also, um sich die wechselvolle Geschichte der Berliner Boheme zu vergegenwärtigen und das ebenso ausschweifende wie leidgeprüfte Leben der Bohemiens lebendig werden zu lassen. Ermunterung und Warnung für alle Lebenskünstler und die, die es noch werden wollen… Mit zahlreichen Fotos und einem Nachwort zur digitalen Boheme.
Historische Beobachtungen über die Konstruktion von Bildung
Die Bildungsdebatte kommt nicht zur Ruhe. Insbesondere die planvolle Umgestaltung der Hochschule ist seit Bologna der Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen. Doch ist das, was heute unter neuem Vorzeichen lautstark diskutiert wird, aus historischer Perspektive ein alter Hut – angefangen von der Diagnose der Probleme und dem vergleichenden Blick auf die Entwicklungen im Ausland über weitreichende Reformvorschläge bis hin zum Protest gegen die Reform im Namen von wissenschaftlicher Freiheit und Wahrheit. Bereits in den 1960er Jahren wurden die Probleme des Bildungsbereichs und der Hochschulen evident und wurde nach Lösungen gesucht. Wie sahen diese Lösungen aus? Und lässt sich im Rückgriff auf die Geschichte für die Gegenwart etwas lernen?
Nicht ohne Häme bemerkte Arnold Gehlen 1966, dass es einmal eine wissenschaftliche Kunstlehre als wesentlichen Bestandteil der Philosophie gegeben habe, die als Ästhetik für Phänomene wie den Avantgardismus zuständig gewesen sei. Doch scheinen diese Bemühungen eingestellt, was Gehlen zum Anlass nimmt, den Avantgardismus aus der Perspektive der Soziologie schärfer in den Blick zu nehmen. Damit, so die These der Studie, eröffnet er eine neue, kultursoziologisch geprägte Phase der Auseinandersetzung mit moderner Kunst, die von Gehlen über Bürger bis zu Bourdieu und Luhmann reicht.
Berliner Moderne, Literaturkritik und die Anfänge der Literatursoziologie
Die zentrale These der Untersuchung zur Frühgeschichte der Literatursoziologie und Literaturgeschichtsschreibung lautet, daß die Entstehung literatursoziologischer Fragestellungen divergierende und konkurrierende literarische Positionen und mithin die Genese eines literarischen Feldes voraussetzt. Im Anschluß an die genaue Rekonstruktion der Theorie des literarischen Feldes von Pierre Bourdieu wird im Vergleich der französischen und deutschen Verhältnisse in der zweiten Hälfte des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts gezeigt, daß die frühe Literatursoziologie maßgeblich durch die Kultursoziologie Georg Simmels mitbestimmt worden ist und der heute beinahe vergessene Literat Samuel Lublinski eine wichtige Verbindung zwischen Literaturkritik, Literaturwissenschaft und Literatursoziologie hergestellt hat. Besondere Beachtung erfahren dabei die Entwicklungstendenzen zu einem ästhetische und soziale Momente umfassenden Formbegriff. In genauen Einzeluntersuchungen wird dies insbesondere am Beispiel der Verbindung von Georg Simmel und Georg Lukács belegt, über dessen Stilbegriff - verstanden als „historische Kategorie“ und als „synthetische Methode“ - die Komplementarität zwischen Bourdieu und Lukács herausgearbeitet wird.