Eine Analyse des Diskurses über Schule und Gesundheit aus biopolitischer Perspektive
Im Rahmen des Sprechens über Schule und Gesundheit wird die virulente Forderung nach mehr Lebensnähe in der Schule eingelöst. Diese Entgrenzung von Schule wird mit Michel Foucault gegen den Strich gelesen. Das Buch legt entsprechende Verstrickungen von Biopolitik und Pädagogik zugrunde und zeigt, wie im Zuge der Adaption eines neuen Gesundheitsverständnisses auch der Bildungsbegriff neu, und zwar als Bewältigung von Lebensrisiken, verstanden wird.
Als „Neusprech“ bezeichnet George Orwell in seinem dystopischen Roman 1984 die politisch gesteuerte Umformung der Sprache, mit der die in ihr aufbewahrte Vergangenheit dem Vergessen anheimgegeben, also unsagbar gemacht werden soll. Um solche Um- und Überformungsprozesse - in diesem Fall pädagogischer Begrifflichkeiten und Problemdebatten - meist im Namen von „alternativlosen“ Reformen geht es auch in diesem Band. Denn die gegenwärtige Umgestaltung der pädagogischen Praxis mit neuen, der Kritik per se entzogenen Vokabeln bedarf eines Perspektivenwechsels. Anders als bei Orwell lassen sich die „Neuankömmlinge“ jedoch nicht auf eine manipulierende Instanz wie den „großen Bruder“ zurückführen, sondern speisen sich aus ganz unterschiedlichen Quellen und Kontexten, die hier, in umgekehrter Blickrichtung, aufgedeckt und kritisch auf ihre ideologischen Funktionen und möglichen Konvergenzen hin analysiert werden. In diesem Sinne behandelt werden folgende Begriffe: Individualisierung, Selbststeuerung, Kompetenz Gender/Geschlecht, Resonanz, Achtsamkeit, Vielfalt/Diversität, Resilienz, Nachhaltigkeit und Evidenzbasierung.