Ida, Heldin des Romans, ist mit der ersten Zeile tot. Dienstmagd im Hause der Familie Besson, nennt sich selbst einen 'Vogel der Nacht'. Woher nur dieser Name aus dem Reich des märchenhaft Schönen - möchte man sie fragen, diese dienstbeflissene Hand für Dritte. Und warum blickt sie immerzu nur auf ihre Füße? Ida wird von einem Laster in die Luft geschleudert und fliegt acht Meter weit. Dieser brutale Tod wirft Fragen auf. Wer ist Ida wirklich? Wie konnte sie es wagen zu sterben? Jetzt beginnen sie zu sprechen, die, die sie kannten, erlebt haben. Sie äußern Mutmaßungen, Meinungen, die sich auf kristallklare und ohrenbetäubende Weise kreuzen. Eine hell leuchtende Erzählung entsteht - ein Universum aus Egoismen, Konventionen, Grausamkeit und Gleichgültigkeit, in dessen Mitte Ida lacht, still und triumphierend. 'Der blinde, taube und stumme Dichter kann nur in einer Sprache außerhalb der Regeln schreien.' Hélène Bessette
He le ne Bessette Bücher
Hélène Bessette gilt als eine Pionierin der Nouveau Roman-Bewegung. Ihre schriftstellerische Laufbahn begann nach einer Reise nach Neukaledonien, wo sie von Raymond Queneau entdeckt wurde, der sie als bedeutende Autorin des 20. Jahrhunderts anerkannte. Bessette veröffentlichte dreizehn Romane, deren Werk sich durch einen innovativen Stil auszeichnete und oft Themen erforschte, die die zeitgenössische Moral herausforderten. Trotz der Unterstützung bedeutender literarischer Persönlichkeiten blieb Bessette lange Zeit weitgehend unbekannt, doch ihr Schreiben stellt einen einzigartigen Beitrag zur modernen französischen Literatur dar.


Ist Ihnen nicht kalt
Roman
Die Ausgangssituation: eine Frau verlässt ihren Mann. Sie, Dora, ist in die Schweiz gefahren, auf Kur, und kommt nicht zurück. Er ist Pfarrer, es sind die Worte der Liebe, die er seiner Gemeinde predigt, er, dem die eigene Liebe den Rücken gekehrt hat. Jetzt schreibt er ihr Briefe, morgens, wenn es graut, abends, wenn es dämmert, nachts, wenn es dunkel ist: er fleht, beschimpft, er räsoniert, er zerstört, er droht, er fleht, er skizziert das Bild seiner eigenen Zerrissenheit - und sie, antwortet sie? Ihre Briefe bleiben uns vorenthalten, wir erahnen sie nur aus der kaum objektiven Sicht des Mannes: zwangsläufig Opfer, zwangsläufig schuldig. Aber auch erschreckend ungebunden, unbestechlich, unbeugsam: eine freie Frau, die sich jeder Konvention entzieht. Bessette gelingt es in der für sie typischen Schärfe und genauen Handhabe der Sprache die Tragödie eines Bruches zu skizzieren und mit ihr die Komplexität der darin gebundenen Gefühle.