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Jasmin Grande

    Einstein. Bei einem Avantgardisten
    Carl Einstein und die Avantgarde
    • Carl Einstein und die Avantgarde

      Expressionismus 14/2021

      Carl Einstein war Teil und Motor der europäischen Avantgarde: zum einen mit seinen Werken wie etwa dem frühexpressionistischen Prosawerk Bebuquin oder die Dilettanten des Wunders (1912) oder der Epoche machenden Negerplastik (1915). Zum anderen mit seiner inter- und transdisziplinären Positionierung zwischen Literatur, Kunst, Kritik, Aktivismus und mit der Vielzahl seiner Wirkungsräume. Sein weitläufiges Netzwerk und die Rezeptionsgeschichte seines Werks sind fester Bestandteil der Avantgardeforschung. Darüber hinaus ist die Beschäftigung mit seinem Leben und Werk Teil der Arbeit an der Definition von Avantgarde.00Im Schaffen Einsteins wird deutlich, dass sich das per definitionem transgressive Phänomen der Avantgarde nicht auf einen isolierten Bereich künstlerischen Schaffens beschränken lässt. Insofern ist auch dieses Themenheft inter- bzw. transdisziplinär konzipiert. Die versammelten Beiträge basieren auf der Tagung ?Carl Einstein im Kontext neuer Avantgardetheorien?, die vom 12.?13.03.2020 in Düsseldorf stattfand, und vernetzen literaturwissenschaftliche mit kunstgeschichtlichen Perspektiven.00Über den Dialog der unterschiedlichen wissenschaftlichen Kompetenzbereiche und Denkmodelle generieren sie avantgardetheoretische Denkanstöße und leuchten dabei zugleich das Spannungsfeld zwischen Avantgardetheorie und künstlerischer Praxis kritisch aus

      Carl Einstein und die Avantgarde
    • Ein Literat - damit ist doch schon alles gesagt? -, aber nein, noch mehr: ein Dandy, ein Anarchist, ein Antifaschist, ein früher, vielleicht schon postkolonialer Autor, ein Kunstkritiker und Kunsthistoriker. Was könnte man Schlimmeres über einen Intellektuellen des frühen 20. Jahrhunderts sagen, der sich - anscheinend - weder an die Grenzen des guten Geschmacks noch an nationale Grenzen noch an das, was bis dahin als Kunst zu gelten hatte, gebunden fühlte. Dass ein Intellektueller, der sich der Avantgarde zuwandte, starke Affinitäten zu Frankreich und zur neuen französischen Kunst haben musste, ist wohl kaum verwunderlich. Die Radikalität aber, mit der sich Carl Einstein (1885-1940) seinen Themen widmete, hat ihm bis heute den Ruf eines enfant terrible eingetragen, und die Faszination, die vom Werk, aber eben auch von der Person Carl Einstein ausging, gross gehalten. Welcher Autor, gleich welchen Geschlechts, könnte sich ein derartiges Werkkompendium zuschreiben wie Carl Einstein: einen avantgardistischen Roman (Bebuquin), ein Monument der Kunstgeschichtsschreibung der Klassischen Moderne (Die Kunst des 20. Jahrhunderts) und zwei schmale, aber fulminante Bände zur afrikanischen Plastik (Negerplastik und Afrikanische Plastik), mit denen er die afrikanische Kunst aus dem ethnologischen und kolonialen Gefängnis befreite und als Kunstform etablierte.Es wurde also höchste Zeit, dass sich der JUNI auch mit Einstein beschäftigt - und Gelegenheit macht Diebe: Denn dem facettenreichen Wirken Carl Einsteins widmeten sich zwei internationale Tagungen, deren Ergebnisse in diesem JUNI erscheinen: 2017 lud Maria Männig, unterstützt von Sebastian Baden, zu Carl Einstein Re-Visited: Die Aktualität seiner Sprache, Prosa und Kunstkritik nach Karlsruhe ins ZKM | Zentrum für Kunst und Medien sowie ins Museum für Literatur am Oberrhein ein. 2020 kamen Wissenschaftler*innen auf Einladung von Jasmin Grande und Eva Wiegmann im Kultur Bahnhof Eller in Düsseldorf zusammen, um Carl Einstein im Kontext neuer Avantgardetheorien zu reflektieren. In Verbindung beider Tagungen präsentiert der JUNI eine Reihe von neuen Perspektiven auf Einstein. Darüber hinaus bildet das Gesamt der Beiträge den aktuellen Forschungsstand in Literatur-, Kunst- und Medienwissenschaften ab. Carl Einstein ist mit seinem facettenreichen Werk bis heute aktuell; an ihm können die Disziplinen ihre Fragestellungen schärfen, er markiert die Differenz zu den Erwartungen vor 100 Jahren, seine Rezeption ist Teil der Genese geisteswissenschaftlicher Disziplinen und Turns. Bereits im November 2021 erschien ein Teil der Beiträge der Düsseldorfer Tagung in der Zeitschrift Expressionismus bei Neofelis. Hier lag der Schwerpunkt auf den Avantgardetheorien. Der zweite Tagungsteil wird nun endlich gemeinsam mit den aktualisierten und modifizierten Beiträgen aus der Karlsruher Tagung der Öffentlichkeit vorgelegt. Um zusätzliche Texte ergänzt, erscheint die vorliegende Publikation in diesem Heft des JUNI Magazins

      Einstein. Bei einem Avantgardisten