Um sich von seiner Anstrengung der Euripides-Übersetzung zu erholen, begann Wieland 1802 mit der Niederschrift des "Hexamerons". Er wollte herausfinden, wie man die "beschwerlichste aller bösen Feen", die der Langeweile, beim Lesen fernhält, und gab mit den folgenden sechs Erzählungen die Antwort: Die phantastischen Geschichten von Liebe und Lust, den Reizen des Partnertauschs und den Vorzügen einer Vernunftehe sind dank Wielands "blühender Einbildungskraft" bis heute eine amüsante und geistreiche Lektüre.
Peter Goldammer Bücher






... An einem solchen Orte traf Salomon Landolt, etwa in seinem funfundzwanzigsten Jahre, mit der jungen Salome zusammen. Sie standen zu dem Hause, von entgegengesetzter Seite her, in nicht naher Verwandtschaft, so da sie unter sich selbst nicht mehr fur verwandt gelten konnten und doch ein liebliches Gefuhl gemeinsamer Beziehung empfanden. Auerdem wurden sie wegen ihrer ahnlich lautenden Namen der Gegenstand heiterer Betrachtungen, und es gab manchen Scherz, der ihnen nicht zuwider war, wenn sie auf einen Ruf gleichzeitig sich umsahen und errotend wahrnahmen, da vom andern die Rede sei. Beide gleich hubsch, gleich munter und lebenslustig, schienen sie wohlgesinnten Freunden fur einander schicklich und eine Vereinigung nicht von vornherein untunlich zu sein. Freilich war Salomon nicht gerade in der Verfassung, schon ein eigenes Haus zu grunden; vielmehr kreuzte sein Lebensschifflein noch unschlussig vor dem Hafen herum, ohne auszufahren noch einzulaufen. ...
Thaïs Leblanc wächst nach dem Tod der Mutter bei ihrer Großmutter auf, der unvergleichlichen Victoria, wie sie auf Zirkusplakaten tituliert wird. Thaïs verabscheut das Zirkusleben und zieht, kaum volljährig, nach Paris; sie will nur eins: Normalität. Doch als die Großmutter stirbt, konfrontiert deren seltsames Testament sie mit ihrer Familiengeschichte, die sie zum wundersamen Cirque perdu und seinem Direktor Papó bringt. Dort lernt Thaïs, dass man sich seinen Ängsten stellen muss und für die wichtigsten Dinge im Leben keinen Applaus von anderen braucht.
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Literarische Porträts von Goethe bis Fontane



