Lévinas' Kritik an der abendländischen Ontologie besteht darin, dass sie weder die Frage nach dem Anderen noch die ethische Frage nachdrücklich genug gestellt hat. Er betont, dass seine Beziehung zur Unendlichkeit des Anderen letztendlich der Erörterung unzugänglich bleibt. Gleichwohl hält er es für die Aufgabe der Philosophie, dieser Beziehung Sprache zu verleihen. Lévinas nimmt die Krise des neuzeitlichen Humanismus so ernst, dass im Kampf um die Sinnhaftigkeit einer bis an die Grenze gehenden Sprachlosigkeit die Berufung zu einer vorgängig anders bestimmten Conditio humana vernehmbar wird. Ihr Ort ist die Sinnlichkeit und Verletzlichkeit des Menschen, ihre Bestimmung eine "unübernehmbare Passivität", für die man sich sowenig vertreten lassen kann wie für das eigene Sterben.
Emmanuel Levinas Bücher
Emmanuel Levinas war ein Philosoph, dessen Werk sich auf die ethische Begegnung mit dem Anderen konzentriert. Er entwickelte das Konzept der „Ethik als erste Philosophie“, das besagt, dass unsere Verantwortung für den Anderen jeder Suche nach objektiver Wahrheit vorausgeht. Levinas argumentierte, dass sich der Andere als transzendent und nicht auf eine bloße Objektivierung durch das Selbst reduzierbar offenbart. Seine tiefgründigen Untersuchungen befassen sich mit der Natur der Subjektivität, der Unersetzlichkeit zwischenmenschlicher Beziehungen und der grundlegenden ethischen Verantwortung, die unserer Existenz innewohnt.







Ethik und Unendliches spürt der Entwicklung des Lévinas’schen Denkens nach. Das Buch, das nun in neuer Auflage erscheint, gilt als die beste Einführung in sein Werk. Emmanuel Lévinas wird heute als der wichtigste Philosoph einer zeitgenössischen Ethik erachtet, die die schrecklichen Erfahrungen des 20. Jahrhunderts berücksichtigen muss. Ethik ist für Lévinas keine Spezialdisziplin der Philosophie, sondern deren Kern. Die in diesem Band enthaltenen zehn Gespräche zwischen Emmanuel Lévinas und Phillippe Nemo folgen der Entwicklung des Denkens von Lévinas und gelten als die beste Einführung in sein Werk, das unter anderem auch für Jacques Derrida ein wichtiger philosophischer Bezugspunkt war. Die Gesprächsform dieses Buches gestattet es Lévinas, immer wieder auf die Verknüpfung seiner philosophischen Themen mit lebens- und zeitgeschichtlichen Erfahrungen hinzuweisen, und macht es zu einer gut lesbaren Darstellung seiner Philosophie.
Ethik als Erste Philosophie
Aus dem Französischen übertragen und mit einem Nachwort versehen von Gerhard Weinberger
Vom Sein zum Seienden
- 184 Seiten
- 7 Lesestunden
Dieses schon vor dem Zweiten Weltkrieg konzipierte und zum Teil in deutscher Gefangenschaft redigierte Buch macht das Bewusstsein der Gefangenschaft des Menschen zum Thema. Die Erfahrung der Gefangenschaft artikuliert sich in der tragischen Verstrickung des Menschen in die Vergangenheit, die Lévinas als die Seinsverstrickung des Menschen vorführt. Die Perspektive einer Befreiung wird dem Menschen jedoch nicht aus eigener Kraft zuteil, sondern aus der Beziehung zum Anderen, zum Weiblichen. Lévinas versteht seine Analyse des Weges vom Sein zum Seienden und vom Seienden zum Anderen zugleich als eine Analyse der Zeit. „Ein trotz des geringen Umfangs großes, weil reiches und konzentriertes Buch.„ Süddeutsche Zeitung „Reich an Einzelstudien, die die phänomenologische Schule verraten, ist das opusculum ein gedanklich dicht gedrängter, origineller Versuch über das Subjekt. Bemerkenswert auch, dass die Apologie des Subjekts auf Zentralbegriffe und -topoi jüdischer und christlicher Tradition zurückgreift und sie reinterpretiert.“ Theologische Revue
Die Spur des Anderen
Untersuchungen zur Phänomenologie und Sozialphilosophie
Lévinas verabschiedet das durch die Selbstherrlichkeit des Ich geprägte Seins-Denken zugunsten einer Ethik als neuer Erster Philosophie. Alles Denken, so seine Überzeugung, das vom Ich oder Selbst ausgeht, bleibt im Grunde allein und schließt den Anderen aus, ja vernichtet ihn in letzter Konsequenz. Doch der Andere ist immer schon da. er begegnet als „Antlitz': als Verbot „Du sollst mich nicht töten', als Gebot „Du sollst mich in meinem Sterben nicht allein lassen'. Diese Begegnung, als Schock erlebt, reißt das Ich aus dem Schlaf der Selbstgewissheit.
Wenn Gott ins Denken einfällt: Diskurse über die Betroffenheit von Transzendenz
- 287 Seiten
- 11 Lesestunden
Diese deutsche Ausgabe von zentralen Aufsätzen zur Religionsphilosophie gibt Zeugnis von dem Versuch, Transzendenz zur Sprache zur bringen, ohne ihr durch den Zugriff des Begriffs den Charakter des Transzendenten zu nehmen. Eine besondere Rolle spielen die Auseinandersetzung mit der Phänomenologie Husserls sowie Descartes' Idee des Unendlichen. In ihr findet Lévinas das Modell eines Denkens, das sich unendlich betreffen lässt von einem bis zur Abwesenheit transzendenten Gott, der sich in der unbedingten Verpflichtung zur Verantwortung für den Anderen zu erkennen gibt.„Von der deutschen Ausgabe dieser Abhandlungen gilt in emphatischem Sinn: Sie ist lesbar. Von Gewicht ist bei Lévinas das Prophetische, das mit einem neuen Sprechen über Gott eng verbunden ist. Prophetische Philosophie - dieses scheinbare Paradoxon nimmt Lévinas ausdrücklich an. Dem Verlag und dem Übersetzer ist zu danken, dass der deutsche Leser Fragen an die Philosophie von Lévinas stellen kann.“Frankfurter Allgemeine Zeitung
In diesem Buch wird ein neues Verständnis von Wissen auf der Grundlage der Kommunikationsprozesse eines Individuums mit seiner Umwelt entworfen. Gestützt auf neueste neurobiologische Forschungen unterscheidet der Autor ein Wissen über die Umwelt aus den Wahrnehmungen, aus den Emotionen und aus den Reflexionen, wobei den Emotionen die unverzichtbare Aufgabe der Bewertung der Wahrnehmungen zufällt. Dieser Zugang ermöglicht es, objektiviertes Wissen über die Welt, wie es die Naturwissenschaften hervorbringen, systematisch zu verknüpfen mit den subjektiven Aspekten des Individuums, wie sie in den Geisteswissenschaften zum Ausdruck kommen. Aus dieser unauflöslichen Verbindung lässt sich ein Alleinvertretungsanspruch der Naturwissenschaft nicht aufrechterhalten, weil zu einem Wissen über die Welt die emotionalen Bewertungen hinzugehören. Da letztere Verhaltensänderungen und Handlungen veranlassen, erschließt der Autor aus dieser systematischen Verbindung einen Weg zu einer Ethik der Naturwissenschaften.
Zwischen uns
- 279 Seiten
- 10 Lesestunden
Lévinas' beharrliches Nachdenken über die Grundfragen des Seins und die moralischen und politischen Konsequenzen hebt ihn deutlich ab von allem modischen Philosophieren. Eine Summe des Denkens dieses französischen Philosophen.
Emmanuel Levinas’ ursprünglich als Dissertationsschrift eingereichter Kommentar zu Husserl ist zunächst eine luzide Einführung in jene »Phänomenologie«, die nicht nur auf diesen jungen Philosophen eine so ungeheure Faszination ausgeübt hat. Sodann zeichnet Levinas bereits den Anspruch und die Umrisse seiner kommenden eigenen, seiner »Philosophie des Anderen« vor. In ihrem profunden Einfluss auf Denker wie Paul Ricœur oder Jacques Derrida ist die Schrift auch maßgeblich an der Formierung dessen beteiligt, was hier den Namen »Theorie« tragen wird – nicht nur in ihrer Rolle als erste ausführliche Auseinandersetzung mit Husserl in Frankreich überhaupt, sondern insbesondere auch in ihrer Sensibilität für das, was in der Phänomenologie über diese hinausweist. Biographisches: Emmanuel Levinas (1905–1995) gilt mit seinem Denken des Anderen als einer der einflussreichsten Philosophen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Philippe P. Haensler ist Literaturwissenschaftler an der Universität Zürich. Sebastien Fanzun ist Literaturwissenschaftler an der ETH Zürich.
Der Band „Gott, der Tod und die Zeit“ enthält die beiden letzten Vorlesungen von Emmanuel Lévinas an der Sorbonne, seinen konzentrierten Durchgang durch das thematische Feld von Gott, Tod und Zeit. In der ersten Vorlesung – über Tod und Zeit – geht Lévinas in einer nuancierten Heidegger-Lektüre, unterbrochen durch Exkurse über Kant, Hegel, Bergson, Bloch, der verschlungenen Beziehung zwischen Tod und Zeit nach, entwickelt er die Vorstellung eines Todes, der sich in die Zeit einschreibt: „Den Tod ausgehend von der Zeit denken und nicht mehr die Zeit ausgehend vom Tod“. Ebenso versucht die zweite Vorlesung – über Gott – zentrale Gedanken Heideggerscher Diagnostik zu wenden. Weil die Philosophie, von ihrem Ursprung an, Gott und das Sein vermischt habe, sei nicht so sehr das Sein vergessen worden als vielmehr Gott. Die Metaphysik unter der Herrschaft der Onto-Theologie habe Gott zum Verschwinden gebracht. Nach Lévinas gilt es nun, Gott aus der Macht dieser philosophisch-theologischen Konzeptionen zu lösen.
