Ralf Rothmanns lange Erzählung von einem einzelgängerischen Pflegehelfer, einem gutmütigen Riesen mit dunkler Vergangenheit, der die Verstorbenen in die Kühlräume der Pathologie bringen muss und durch die Begegnung mit einem neunmalklugen Kind zur Poesie und zur Liebe findet, prägt sich ein durch die stille Kraft ihres Anti-Helden und die magische Genauigkeit der Sprache.
Ralf Rothmann Bücher
Ralf Rothmann ist ein deutscher Autor, dessen Werke sich oft mit Themen wie Arbeit, Identität und gesellschaftlichem Wandel auseinandersetzen. Seine Prosa, die in seinen eigenen Erfahrungen aus der Arbeiterklasse wurzelt, erforscht die Suche nach Sinn und Zugehörigkeit in der modernen Welt. Rothmann fängt die rauen Realitäten des Lebens meisterhaft ein und verleiht den alltäglichen Kämpfen Poesie und tiefe Menschlichkeit. Sein Stil wird für seine Authentizität und sein starkes Ortsgefühl geschätzt.







Winter 1945: Verwundet liegt die sechzehnjährige Elisabeth, ein Landarbeiterkind, in einem Bunker unter der Erde und wird von einem russischen Deserteur gepflegt. Durch das Ofenloch hört sie Schritte im Schnee, und fiebernd stellt sie sich vor, dass dort oben nicht nur alle, die sie kennt und mag, ihre Eltern und Brüder, die Oma aus Danzig, sondern auch ihr künftiger Mann und die ungeborenen Kinder nach ihr suchen und sich über die Trümmer entfernen, ohne zu ahnen, dass sie darunter liegt. Und plötzlich denkt die Vergewaltigte, dass es gut so ist, dass sie nie mehr hinaufwill zu ihnen, zu allem, und für immer in dieser Nacht, diesem Frieden unter dem Schnee bleiben möchte. Aber sie muss ihr Leben zu Ende leben. In einem atemberaubend geschriebenen Panorama der frühen Nachkriegsjahre zeichnet Ralf Rothmann das Portrait einer Frau, der stets die Angst im Weg steht, während ihr das Durchlittene jedes Gefühl dafür nimmt, welches Leid sie anderen zufügt; einer lebenslang hart arbeitenden Frau und Mutter, die von einem Rummel zum anderen tanzt, um nicht mehr zur Besinnung zu kommen, und vor der man sich doch verneigen muss: weil sich in ihrer Verzweiflung der Wille zur Liebe ausdrückt. Nach den vielfach übersetzten Romanen Im Frühling sterben (2015) und Der Gott jenes Sommers (2018) schließt der Autor mit Die Nacht unterm Schnee seine Trilogie über den Zweiten Weltkrieg und die Nachkriegszeit in Deutschland ab.
Rothmanns lyrische Arbeiten basieren auf persönlichen Erfahrungen und thematisieren diese subtil. Existenzielle Bedrohungen werden mit lakonischem Humor behandelt, während Skepsis offen zur Schau gestellt wird. Gelegentliches Pathos führt zu eindrucksvollen Wendungen.
Stier hieß Ralf Rothmanns erster Roman (st 2255): ein Blick zurück in die Jugend der siebziger Jahre. In Wäldernacht schreibt Ralf Rothmann die Geschichte einer Generation weiter. Er erzählt von Jan Marré, einem in Berlin lebenden Maler, dem vom künstlerischen Aufbruch der frühen Jahre nicht viel mehr geblieben ist als der Suff. Als ein vom Leben ramponierter Vierzigjähriger kehrt er wegen eines einjährigen Stipendiums in seinen Heimatort zwischen Oberhausen und Bottrop zurück. Am Fronleichnamstag dieses Jahres läßt Ralf Rothmann diesen Jan Marré nach durchzechter Nacht mit den Menschen seiner Vergangenheit zusammentreffen; und er entwirft das groteske Porträt einer Kleinstadt, hinter deren Fassaden die Paranoia droht – und sich dramatisch entlädt."
Ralf Rothmann blickt aus der Sicht des Hinterhaus-Berliners Kai Carlsen auf eine Jugend der siebziger Jahre zurück: Kindheit im Ruhrpott, wo »Bergschäden« das Gesicht der Häuser prägen und wo der »von der Herzkrankheit Frau unheilbar infizierte« Rebell Maurer wird. Später findet Kai Carlsen Arbeit und Wohnung bei Ecki, dem ehemaligen Bauingenieur und jetzigen Betreiber des »Blow up« — eines Treffpunkts der Subkultur. Als Pflegehelfer im Waldklinikum trifft er den jungen Arzt Hernández, der ihm die Augen öffnet für die Welt der Kunst. Das Wiedersehen mit Ecki, dem väterlichen Freund, endet tödlich ...
Rehe am Meer
Erzählungen
Liebesgeschichten? Gibt es denn andere? fragt der Autor. Und ob er nun von den Nöten einer Zwölfjährigen schreibt, die sich nach dem Tod der Mutter verantwortlich fühlt für die Familie, ob er einen Polterabend mit ostdeutschen Bauarbeitern schildert oder von einer Krankenschwester in der Uckermark erzählt, die ihr Haus westdeutschen Feriengästen überläßt, während sie mit ihrem Sohn im Garten kampiert, ob er uns einen arbeitslosen Alkoholiker vorstellt, der seiner Frau auf die Schliche kommt, oder einen Zirkushelfer, der die Mißhandlung der Tiere nicht mehr erträgt – immer ist die Liebe das Wasserzeichen dieser Geschichten.
Rehe am Meer Suhrkamp
- 212 Seiten
- 8 Lesestunden
Ich wusste nicht, wie's weitergehen sollte, klar, aber das war auch egal. Die Tiere standen still in meiner Nähe, stolze Umrisse vor der blauen Nacht, und ich konnte alles in ihren Augen sehen, Alter, den ganzen Weg
Messers Schneide ist eine Liebesgeschichte, die nicht gut ausgeht. Es ist eine Geschichte über die Fühllosigkeit und den Ekel »vor der trotzigen Bekundung, nichts mehr zu fühlen«, über den Bann des Weiblichen und der Sexualität, ihrer Nähe zur Gewalt. Und ist doch auch eine poetische Geschichte, in der eine – der Liebe entsprechende – fast pathetische Sprache in vielen Bildern tönt, die indes vom Autor immer wieder auf nüchternen Boden zurückgeführt wird, hinein in die Radikalität des Lebens...
Ein Winter unter Hirschen
- 200 Seiten
- 7 Lesestunden
Ralf Rothmann wurde am 10. Mai 1953 in Schleswig geboren und wuchs im Ruhrgebiet auf. Nach der Volksschule (und einem kurzen Besuch der Handelsschule) machte er eine Maurerlehre, arbeitete mehrere Jahre auf dem Bau und danach in verschiedenen Berufen (unter anderem als Drucker, Krankenpfleger und Koch). Er lebt seit 1976 in Berlin.



