Band 1 der ›Gesammelten Schriften‹ enthält früheste Texte – überwiegend Novellen und tagebuchartige Aufzeichnungen – , die Horkheimer während des Ersten Weltkriegs verfaßte. Horkheimer selbst hat noch kurz vor seinem Tode die Wiederveröffentlichung dieser Schriften befürwortet und ihre Anordnung autorisiert. Literarisch sind die Novellen dem Jugendstil und dem Expressionismus verpflichtet, jedoch werden auch schon, trotz Sinnlichkeit und Fabulierlust, die didaktischen Züge des späteren Werks in ihnen kenntlich. Die Texte entstanden zu einer Zeit, da Horkheimer noch nicht an ein Studium geschweige an eine akademische Karriere dachte. Seine philosophische Bildung war höchst fragmentarisch, die Form der wissenschaftlichen Abhandlung stand ihm noch nicht zur Verfügung. Um so erstaunlicher ist, wie ausgeprägt sich bereits hier die für die Kritische Theorie kennzeichnende geistige Spannung zeigt: radikale Kritik an den bestehenden sozialen Verhältnissen, aber Pessimismus und Trauer in bezug auf die Welt als Ganzes. Schon für den jungen Horkheimer löste sich diese Spannung jedoch nicht in einer bequemen, weil folgenlosen Skepsis, sondern in der von Schopenhauer übernommenen Forderung, »wider das unbarmherzige Ewige dem Zeitlichen beizustehen«.
Max Horkheimer Bücher
Max Horkheimer war eine Schlüsselfigur der Frankfurter Schule, einer Gruppe von Denkern, die sich der Kritik der modernen Gesellschaft widmeten. Seine Arbeit, insbesondere im gemeinsamen Werk mit Theodor Adorno, befasst sich mit den dunkleren Seiten der Aufklärung und der Vernunft. Horkheimer untersuchte, wie die Werkzeuge der Moderne sich gegen die Menschheit wenden können, und hinterließ ein bleibendes Erbe für die kritische Theorie. Sein Ansatz betont die Notwendigkeit, Machtstrukturen und Ideologien, die unsere Welt prägen, ständig zu hinterfragen.

![Notizen 1950 [neunzehnhundertfünfzig] bis 1969 [neunzehnhundertneunundsechzig] und Dämmerung](https://rezised-images.knhbt.cz/1920x1920/50848633.jpg)





Anfänge der bürgerlichen Geschichtsphilosophie
- 143 Seiten
- 6 Lesestunden
Dieses Buch ist ein Schlüsselwerk der philosophischen Zeitdiagnostik und bietet eine eindringliche Analyse der Selbstzerstörungskräfte der modernen Gesellschaft. Besonders im ersten Teil, der die 1947 unter dem Titel Eclipse of Reason veröffentlichten Vorlesungen an der Columbia University zugrunde liegt, wird die verhängnisvolle Eigendynamik des wissenschaftlich-technischen Fortschritts untersucht. Horkheimer zeigt auf, wie die extremen Mittel des Fortschritts beginnen, den ursprünglichen Zweck – die Selbstverwirklichung des Menschen – zu untergraben. Er analysiert den dominierenden Begriff von Vernunft in unserem Zeitalter und verfolgt die geschichtlichen Phasen, in denen die subjektive, instrumentelle Auffassung der Vernunft die objektive überlagert. Während die große europäische Philosophie Vernunft als eine Kraft betrachtet, die Realität prägt und menschliches Handeln bestimmt, verliert das moderne Denken zunehmend die Fähigkeit, die Vernünftigkeit der Zwecke neben der Effektivität der Mittel zu beurteilen. Der zweite Teil des Buches umfasst Vorträge und Aufzeichnungen, die nach Horkheimers Rückkehr nach Deutschland entstanden sind. Diese Reflexionen zu aktuellen philosophischen und gesellschaftlichen Problemen zeugen von einer wachsenden Beunruhigung über die Gefahr, dass die perfektionierte technisch-wissenschaftliche Zivilisation in überrationalisiertem Irrationalismus verloren gehen könnte.
Im Zeitalter der Massenmedien und Konsumorientierung gewinnen philosophische Überlegungen zur Massenkultur neues Gewicht. Theodor W. Adorno und Max Horkheimer sprachen in ihrer »Dialektik der Aufklärung« bereits 1940 von einer ›Kulturindustrie‹. Diese deformiere Kultur zu einer weicheren Form totaler Unterdrückung. Es lohnt sich, »Kulturindustrie. Aufklärung als Massenbetrug«, ein zentrales Kapitel der »Dialektik der Aufklärung«, in diesem Licht neu zu lesen.
Die von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno gemeinsam verfasste 'Dialektik der Aufklärung' ist der wichtigste Text der Kritischen Theorie und zugleich eines der klassischen Werke der Philosophie des 20. Jahrhunderts. Philosophische Kritik, Auseinandersetzung mit dem Faschismus und die Resultate langjähriger empirischer Untersuchungen in den USA verschmelzen hier zu einer Theorie der modernen Massenkultur. 'Aufklärung' als Herrschaft der Vernunft, als Unterwerfung der Natur und die menschlichen Zwecke wird über sich selbst aufgeklärt. Mit dem Werkbeitrag aus Kindlers Literatur Lexikon. Mit Daten zu Leben und Werk beider Autoren, exklusiv verfasst von der Zeitschrift für Literatur TEXT+KRITIK.
In den dreißiger und frühen vierziger Jahren erlebte Horkheimer eine Phase außergewöhnlicher Produktivität, in der er zentrale Texte der Kritischen Theorie verfasste. Der lebendige intellektuelle Austausch, gefördert durch die Zeitschrift für Sozialforschung und das aktive Institut für Sozialforschung, spielte eine entscheidende Rolle. Diese Umgebung ermöglichte ihm, sein Konzept einer „kritischen“ Theorie zu entwickeln, die über Fachgrenzen hinausging und sich an den realen Bedürfnissen der Menschen orientierte. Die fünf ausgewählten Aufsätze gehören zu den bedeutendsten Arbeiten dieser Zeit. Besonders der Titelessay Traditionelle und kritische Theorie gilt als zentraler Text der Kritischen Theorie und als deren Programm. Horkheimers Fähigkeit, materialistische Geschichtstheorie in konkrete historische und soziologische Analysen umzusetzen, wird im Aufsatz Egoismus und Freiheitsbewegung sowie in seinem Beitrag zu den Studien über Autorität und Familie deutlich. Der 1942 entstandene Essay Vernunft und Selbsterhaltung markiert den Übergang zu der in der Dialektik der Aufklärung vertretenen vernunftkritischen Position. Grundlage dieser Auswahl sind die von Alfred Schmidt und Gunzelin Schmid Noerr herausgegebenen Gesammelten Schriften, die auch inhaltlich bedeutsame Varianten enthalten.



