Brigitta Coenen-Mennemeier Bücher




Gott?
- 160 Seiten
- 6 Lesestunden
Lyrische Texte haben von vornherein ein besonderes Verhältnis zum Jenseits, denn sie stellen im allgemeinen eine Erlebnissituation als zeitenthoben dar. Darüber hinaus können sie wie alle anderen literarischen Gattungen Jenseitsvorstellungen explizit thematisieren. Das Ergebnis reicht von der Gefahr gattungstypologischer Tautologie bis zur Möglichkeit der Potenzierung. Im Laufe der Poesiegeschichte wandeln sich die Jenseitsvorstellungen französischer Lyriker vom christlichen Weltbild des Mittelalters mit einem insgesamt klaren Gottesbild und der Rückbesinnung auf den Platonischen Ideenhimmel über den beklagten Verlust der Einheit (Nerval), die Abwesenheit Gottes (Vigny, Madame Ackermann), den Himmel der Betrogenen bei Baudelaire, Mallarmés idealen Garten, Rimbauds wiedergefundene natürliche Ewigkeit bis zur existentiellen Erfahrung negativer Theologie (Bonnefoy) und den das Dingliche favorisierenden Epiphanien der Gegenwart.
Dichter und Gedicht im lyrischen Selbstverweis
Zur Poetologie des französischen Symbolismus
- 106 Seiten
- 4 Lesestunden
Zum Wesen der französischen Lyrik des 19. Jahrhunderts gehört die Ipsoflexivität. Sie verleiht dem Gedicht einen zusätzlichen Reiz und eine tiefere Bedeutung. Die vorliegende Untersuchung zeigt an zahlreichen Beispielen großer, im weitesten Sinne symbolistischer Autoren auf, wie sich die konstitutiven Elemente der poetischen Sprechsituation (Dichter, Textform und -inhalt, Inspirationsquellen, Leser) im Gedicht selbst thematisiert finden. Das ipsoflexive Dichten präsentiert sich dabei vor allem als existentielle Auseinandersetzung des Sprechers mit einer verständnislosen Gesellschaft und als Suche nach sprachlicher und thematischer Erneuerung (vgl. Rimbaud). Der Dichter selbst erscheint im Gedicht sowohl als wiedererkennbare historische Figur (insbesondere bei Verlaine) wie auch als entrückter, allegorisch verfremdeter Geheimnisträger (insbesondere bei Mallarmé). In der Verletzbarkeit seiner – isolierten – Diskurssituation begegnet er dem innertextuellen Leser mit Sehnsucht und Skepsis zugleich: Schon kündigt sich das Zeitalter des Mißtrauens an.