Ingrid Strohschneider-Kohrs zeichnet die Grundlinien von Lessings Versuch nach, das Verhältnis von Vernunft und Offenbarung zu klären.Die zahlreichen Aufführungen von Lessings »Nathan« seit dem 11. September 2001 belegen, dass die deutsche Öffentlichkeit Anschluss an die Diskussionen der Aufklärung sucht, um Orientierung über die gegenwärtige Situation zu gewinnen. Ein Grundproblem ist dabei immer noch das Verhältnis von säkularer Vernunft und dem Anspruch der großen Offenbarungsreligionen.Lessing hat die Erörterung dieses Problems nicht erst in seinem Spätwerk zu einer Hauptsache gemacht. Seine Veröffentlichung der Kritik an der biblischen Überlieferung durch Hermann Samuel Reimarus hat den sogenannten Fragmentenstreit ausgelöst, der seinen Höhepunkt in der Auseinandersetzung mit dem Hamburger Hauptpastor Goeze fand. Nach der herzoglichen Aufhebung von Lessings Zensurfreiheit wich dieser schließlich auf seine alte Kanzel, das Theater, aus.Einen weiteren Versuch, das Verhältnis von Vernunft und Offenbarung zu klären, unternahm Lessing in der »Erziehung des Menschengeschlechts«, deren erste Hälfte er schon 1777 im Zusammenhang des Fragmentenstreits veröffentlicht hat. Die Auslegung des Begriffs einer »Historischen Wahrheit« der Religion, die im Zentrum dieser Arbeit steht, macht die Grundlinien von Lessings Entwurf sichtbar.Zur Reihe:Mit den »Kleinen Schriften zur Aufklärung« legt die Lessing-Akademie im Sinne ihrer Aufgabenstellung einzelne zeitgenössische Texte und kleinere Abhandlungen zur Erforschung von Leben, Werk und Zeit Gotthold Ephraim Lessings und der Aufklärung in allen ihren Erscheinungsformen, ihrer Wirkung und Bedeutung bis in die Gegenwart vor. Die Schriften wenden sich nicht allein an wissenschaftliche Interessenten, sondern auch an einen breiteren Leserkreis und sollen dazu beitragen, die geschichtliche Entwicklung und den normativen Gehalt der Aufklärung als intellektuelle, politisch-moralische, prinzipiell auch soziale Reformbewegung besser zu verstehen und zutreffend zu würdigen. Das erscheint um so notwendiger, als die Aufklärung, die am Anfang der »modernen Welt« steht, bis heute kritisch auf ihre Legitimität und ihre Auswirkungen befragt wird.Die Reihe steht für unterschiedliche Themen und Weisen der Darbietung offen und wird in lockerer Folge fortgesetzt.
Ingrid Strohschneider-Kohrs Bücher




Vernunft als Weisheit
Studien zum späten Lessing
Als Ingeborg Bachmann am 17.10.1973 starb, hinterließ sie nicht nur ein langes Rätseln über ihren Tod, sondern auch diffizile Fragen an ihr Werk. Die Geschichte der postumen Rezeption ist bewegt. Neben rein inhaltlichen und biografischen Fragen stehen auch solche ihrer Poetik. Ein gewichtiges kleines Werk stellt in diesem Zusammen-hang „Undine geht“ dar, ein poetischer Prosa-Monolog nach dem alten Undinen-Thema. Der vorliegende Essai will nicht die divergierenden Interpretationen auf einen Nenner bringen, sondern findet noch nicht gestellte Fragen zu Ingeborg Bachmanns Poetik und zu den bisherigen, nicht selten verkürzenden, Interpretationen eine klärende Entgegnung und Fortführung. Mit vollständigem Abdruck des Textes „Undine geht“.