Es ging rasend schnell. Der Februar 1933 war der Monat, in dem sich auch für die Schriftsteller in Deutschland alles entschied. Uwe Wittstock erzählt die Chronik eines angekündigten und doch nicht für möglich gehaltenen Todes. Von Tag zu Tag verfolgt er, wie das glanzvolle literarische Leben der Weimarer Zeit in wenigen Wochen einem langen Winter wich und sich das Netz für Thomas Mann und Bertolt Brecht, für Else Lasker-Schüler, Alfred Döblin und viele andere immer fester zuzog.Montag, 30. Januar. Joseph Roth will die Nachrichten, die der Tag bringen wird, nicht mehr in Berlin abwarten. Schon früh morgens fährt er zum Bahnhof und nimmt den Zug nach Paris. Thomas Mann in München derweil kümmert sich die kommenden zehn Tage kaum um Politik, dafür umso mehr um seinen Vortrag über Richard Wagner. Immer ganz dicht an den Menschen, entfaltet Uwe Wittstock ein Mosaik der bedrohlichen Ereignisse unmittelbar nach Hitlers «Machtergreifung», die auch für die Literaten in Deutschland in die Katastrophe führten. Er vergegenwärtigt die Atmosphäre dieser Tage, die von Angst und Selbsttäuschung unter den Schriftstellern, von Passivität bei den einen und Entschlossenheit bei den anderen gezeichnet ist. Wer schmiegt sich den neuen Machthabern an, wer muss um sein Leben fürchten und fliehen? Auf der Grundlage von teils unveröffentlichtem Archivmaterial entsteht ein ungeheuer dichtes Bild einer ungeheuren Zeit. -- From publisher's website
Uwe Wittstock Bücher






Am 18. Februar 1882 besteigt Karl Marx in Marseille den Dampfer »Said« und verlässt zum ersten Mal in seinem Leben Europa. Am Kai von Algier nimmt ihn Albert Fermé in Empfang, der sich in der Pariser Kommune engagiert hatte. Doch an politische Kämpfe ist für Marx nicht mehr zu denken. Den Tod seiner Frau Jenny drei Monate zuvor hat er nicht verwunden, und das wärmere Klima kann seine chronische Rippenfellentzündung nicht kurieren. Karl Marx lässt sich ein letztes Mal fotografieren, bevor er beim Barbier Haarpracht und Bart opfert. Ein Akt, der ihm selbst beinahe symbolisch vorkommt. Seine größte Sorge gilt dem Wohlergehen seiner Töchter. Während er die Eindrücke einer ihm ganz neuen Kultur auf sich wirken lässt, zieht er unsentimental eine Art Resümee seines Lebens und Wirkens: der liberale Vater mit jüdischen Wurzeln, die wilden Studienjahre in Bonn und Berlin, seine frühen poetischen Ambitionen, seine seltsam bremsende Rolle im Revolutionsjahr 1848, dann das ewige Exil, die Zumutungen der Armut. Der renommierte Autor Uwe Wittstock erzählt eine bisher wenig beachtete Episode des späten Karl Marx und beleuchtet aus ihr heraus das Leben und Wirken dieses großen, aber auch zutiefst widersprüchlichen Geistes.
Marcel Reich-Ranicki
- 428 Seiten
- 15 Lesestunden
Er war ein scharfzüngiger Kritiker, dessen Urteil man fürchtete, der es aber auch wie kein Zweiter verstand, für große Bücher zu begeistern: Marcel Reich-Ranicki konnte mit Worten Berge versetzen, aber eines gelang ihm nie: sein Publikum zu langweilen. Gestützt auf zum Teil bisher unveröffentlichte Quellen und auf Gespräche mit einstigen Weggefährten und Gegnern beschreibt Uwe Wittstock das Leben dieses Büchermenschen und Musikliebhabers: von der Hölle des Warschauer Gettos zum wichtigsten Literaturkritiker der Bundesrepublik Deutschland, der mit dem Literarischen Quartett für einige Jahre leidenschaftliche Diskussionen über Literatur im Fernsehen zu etablieren verstand – ein Wunder, das sich als unwiederholbar erwies. Uwe Wittstock hat seine 2005 bei Blessing erschienene Biografie komplett überarbeitet und mit zahlreichen neuen Informationen und Fotos sowie einem Rückblick auf die letzten acht Lebensjahre des 2013 verstorbenen Marcel Reich-Ranicki ergänzt. Ausstattung: mit Abb.
Franz Fühmann hat sich wie kein anderer Schriftsteller der wohl brisantesten literarischen Frage nach 1945 gestellt: Wie konnte ich ein Bewunderer Hitlers, wie konnte ich ein Nazi werden? Mit poetischer Genauigkeit durchforschte er die politischen Prägungen, denen er während seiner Kindheit und Schulzeit unter Hitler ausgesetzt war, um sie endlich abstreifen und hinter sich lassen zu können. In immer neuen Anläufen erkämpfte er sich damit seinen Weg zu einer ernsthaft liberalen, unideologischen Denkhaltung und wurde zu einem profilierten Kritiker des DDR-Regimes. In seiner kompakten Biografie beschreibt Uwe Wittstock Fühmanns „Wandlung ohne Ende“ hin zu einem meisterlichen Erzähler und Essayisten. Fühmanns radikale literarische Selbstprüfung gewinnt heute besondere Bedeutung – in einer Zeit, in der politische Extreme wieder einmal die Liberalität unserer Gesellschaft bedrohen.
Roman oder Leben
- 345 Seiten
- 13 Lesestunden
Die Büchersäufer
- 173 Seiten
- 7 Lesestunden
Die Buchbranche zwischen Glamour und Jammer: Uwe Wittstock ist als früherer Lektor und heute als Kritiker und Autor bestens mit den notorischen Stimmungsschwankungen des Literaturbetriebs vertraut. Abseits des medienwirksamen Jubelns und Klagens hat er eine stille, aber zahlenmäßig starke Gruppe von Suchtgefährdeten ausgemacht: die Büchersäufer. Unbeeindruckt vom Gerede über den angeblich bevorstehenden Untergang des Kulturguts Buch, sind sie dem Lesen hoffnungslos verfallen. Uwe Wittstock geht der Sucht nach, stellt Buchhändler vor, die – mit geringen finanziellen Mitteln, aber unter hohem persönlichen Einsatz – ihre Stammkunden jahrzehntelang mit der heißbegehrten Ware versorgen, oder Verleger, die das Rauschmittel auf den Markt bringen. Er fragt, ob die fortschreitende Ausbreitung der Buchhandelsketten das Aus für bestimmte literarische Sparten bedeutet, was die Deutschen bevorzugt lesen und ob sie wirklich weder Talent für Krimi noch für Revolutionen haben. Und seufzt im Anschluß an die Lektüre absatzträchtiger Liebesromane, ob nicht, bitte, einmal ein ernstzunehmender darunter sein könnte. – Themen, denen er ganz ohne kulturpessimistische Scheuklappen nachgeht und die er mit Hintersinn und höchst amüsant beleuchtet.
Postmoderne in der deutschen Literatur
Lockerungsübungen aus fünfzig Jahren
Diese Sammlung zeichnet die sprunghafte Karriere der Postmoderne in der deutschen Literatur seit 1960 nach. »Die Moderne ist hundert Jahre alt. Sie gehört der Geschichte an«, schrieb Hans Magnus Enzensberger 1960 in seinem Nachwort zur Sammlung »Museum der modernen Poesie«. Auch wenn er hier den Begriff »Postmoderne« noch nicht gebraucht, kann dieser Text als Beginn der Diskussion zum Thema im deutschsprachigen Raum angesehen werden, die zeitgleich auch in den USA in Gang kam. Was - mit allem Respekt - als »Moderne« verstanden wurde, schien plötzlich »ermüdet«, es konnte nun nicht mehr einfach für das Neue (Gute) im Gegensatz zum Traditionellen stehen, sondern wurde selbst in seiner Geschichtlichkeit gesehen. Aber es brauchte in Deutschland bis 1968, als der amerikanische Literaturwissenschaftler Leslie Fiedler mit seinem Freiburger Vortrag über »Das Zeitalter der neuen Literatur« (auf Englisch gedruckt im »Playboy«, auf Deutsch in »Christ und Welt«) eine über Monate geführte hitzige Diskussion auslöste - von den »Alten« Robert Neumann und Hans Egon Holthusen bis zu den damals »Jungen« Rolf Dieter Brinkmann, Martin Walser und Jürgen Becker. Sie wird hier erstmals komplett in Buchform wiedergegeben. Weitere Autoren (u. a.): Heiner Müller, Hanns-Josef Ortheil, Christoph Ransmayr, Sten Nadolny, Daniel Kehlmann, Durs Grünbein.
Der Fall Esra
Ein Roman vor Gericht. Über die neuen Grenzen der Literaturfreiheit
- 239 Seiten
- 9 Lesestunden
Der Literaturkritiker Uwe Wittstock zeichnet die öffentlichen und juristischen Vorgänge um das Verbot des Romans Esra von Maxim Biller nach, die in einer historischen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2007 gipfelten. Darüber hinaus analysiert der Autor die bedrohlichen Auswirkungen des Verbots für die Freiheit der Literatur in der Bundesrepublik Deutschland. "Nun ist der Essay aber sehr wohl (und zu Recht) ein Einspruch gegen die Verfassungsgerichtsentscheidung - der Autor macht keinen Hehl daraus, dass er sie für grundfalsch und in sich widersprüchlich hält -, während er leider nur äußerst knapp die Folgen des Urteils für die Literatur thematisiert. Letzteres reicht kaum über den mehrfachen Hinweis hinaus, dass in Zukunft Verlage und Autoren wohl allein durch die Androhung einer Klage wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung vorauseilend zu weitreichenden Änderungen bereit sein dürften, wie die jüngsten Beispiele - Tina Uebels "Last Exit Volksdorf" und Maik Brüggemeyers "Das Da-Da-Da-Sein" (siehe nebenstehende Rezension) - bereits belegten. Was den mittleren Part des Prospekts betrifft, ist das Buch jedoch geradezu vorbildlich. Es gelingt dem Autor, die Hauptlinien der teils einander überlagernden Prozesse verständlich herauszuarbeiten, was enorm wichtig ist, da sich diese Verfassungsgerichtsentscheidung kaum von ihrer Genese trennen lässt" (FAZ)
Marseille 1940
Die große Flucht der Literatur


