Einpersonentisch mit Aussicht
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Manchmal rasselt man auch ins pralle Leben, nur immer der Musik nach, mpftah, mpftah. Auf einer Caféterrasse über der trägen grauen Elbe an einem verhangenen Samstagmorgen fängt die Zweite Kompanie des Schützenvereins Hitzacker von 1356 bei Köm und Bier, Mettbrötchen und Eierstichsuppe eben ihr dreitägiges Schützenfest an und ist schon gut in Form. Da kommt der eigene Kopf dann manchmal nicht ganz mit: wenn einem schon früh um neun der „Hummelflug“ für Blechbläser gesetzt ins Ohr scheppert, man mit Bierglas und Suppenschüssel von lauter stattlichen Herren umdrängt sitzt, die Tschakos mit Federbuschen, Orden und Seitensäbel tragen. Wo bin ich, wer bin ich, was ist eigentlich los? Der Möbelkaufmann erzählt einem, dass die Kundschaft heutzutage auf dem Sparstrumpf sitzt, der Textilkaufmann, dass er haargenau wie Roland Kaiser singen kann und außerdem nierentransplantiert ist. Und dass er schon an die Frau des Arbeitsministers herangetreten sei, mit dem Vorschlag einer Benefiz-Platte für Dialyse-Patienten: „Dreizehn-Jahre-Nierentransplantierter sing Roland Kaiser“ soll die heißen. Schrumm und wumm macht die Musik, und das Bier schwappt irgendwo in den Gehirnwindungen herum.