Der Spendenkomplex
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Kalkulationen. Wie wir uns und andere belügen / Helfen um jeden Preis. Innenleben des Turbospenders / Interview mit einer Spenderin. 'Ich fühle mich weniger schuldig' / Mündigkeit. Die Unfreiheit des Helfenden /Selbsternennungen. Die Sprache der Gönner / Gestörte Zusammenarbeit. Probleme zwischen Spendern und Initiativen / Zugriffsrecht? Der Kampf um die Genitalien / Folgewirkungen. Was bringt unsere Hilfe wirklich? / Botschaften. Wer spendet, wird Jesus! / Emotionenfalle. Das Kreuz mit den Patenschaften / Bausteine zu einem reflexfreien Spenden / Interview mit Burkhard Wilke (DZI) Sicher ist: Angesichts wachsender Hungersnöte in vielen Regionen der Welt wird das Spenden – neben politischen, ökonomischen Veränderungen – wichtiger denn je. Nicht nur der jüngste Skandal um das Kinderhilfswerk UNICEF lässt viele Spender aber am Sinn des organisierten Massenspendens zweifeln. Zuviel Geld geht für Organisation und Akquisition von Spenden verloren, zu viele Spenden erreichen nicht ihr Ziel oder zementieren eine kolonialistische Ausbeutung. Alexander Glück, der selber einem Hilfswerk für rumänische Kinderheime zugearbeitet hat, untersucht aber nicht nur die zweifelhafte Effektivität vieler Spendenorganisationen, sondern genauso kritisch und aufschlussreich die Motive der Spender selber. Es geht um Emotionen und Reflexe (die von den Organisationen oft manipuliert werden), es geht um gönnerhafte Gesten, mit denen ein schlechtes Gewissen erleichtert wird, es geht um selbsternannte Samariter, bei denen demonstriertes Mitleid allein der öffentlichen Imagepflege dient, und es geht um den Schaden, den selbstherrliches und falsch organisiertes Spenden bei den Adressaten, den Hilfsbedürftigen, anrichtet. Das bedeutet aber keineswegs eine grundsätzliche Ablehnung des Spendens. Die sehr differenzierte, scharf argumentierende und mit konkreten Beispielen illustrierte Kritik der gegenwärtigen Spendenpraxis mündet vielmehr in konkreten Vorschlägen: Was muss sich ändern, damit Spenden wieder Helfen bedeutet. Aktuelle, brisante Fragen: Wofür spendet man? Was geschieht mit den Spenden, wie wirken sie? Wie funktionieren und wie animieren Spendenorganisationen? Welche Motive begleiten das Spenden? Leseprobe: Das neue Bettelmanagement wirkt integer, es kündet von sozialem Verantwortungsgefühl und klingt ein bisschen nach Jet Set. Immerhin geht es allein in Deutschland um einen Markt von zweieinhalb Milliarden Euro, die Jahr für Jahr gespendet werden. Rechnet man alle spendenähnlichen Beiträge hinzu, kommt man fast auf das Doppelte. Zum Vergleich: Der Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung lag im Jahr 2007 bei 4,5 Milliarden Euro, von denen ungefähr ein Drittel an Organisationen wie Unicef und etwa ein Achtel an nichtstaatliche Organisationen fließen. Alles in allem wenden die Deutschen also rund sieben bis 9,5 Milliarden Euro pro Jahr für diesen Bereich auf, Zeitspenden nicht eingerechnet. Einhundert Euro pro Jahr: ein mäßiger Tribut für den Dauerplatz auf der vermeintlichen Sonnenseite, die jedoch für immer mehr Menschen gar nicht so sonnig ist. Fundraising ist das kalte Geschäft mit heißen Gefühlen. 'Mit viel Phantasie möglichst viel Geld für den Verein besorgen!' – so bringt es die Titelseite einer Fundraising-Yahoogruppe auf den Punkt. Folgt der Dialog zwischen Fundraiser und Unternehmen den kühlen Gesetzen erfolgreicher Unternehmenswerbung, so zielt er doch auf die Emotionen der Stakeholder. Bei der Bearbeitung des Einzelspenders ist weit mehr auf der Moll-Tonleiter zu spielen, denn hier kann der Fundraiser nicht auf das Marketing-Kalkül seines Gegenübers rechnen, sondern muss dessen Herz und sein Selbstbewusstsein treffen. Der Spender wird hier überwiegend emotionalisierend angesprochen, bis hin zur Aktivierung seines Selbstwertgefühls. Die Ansprache des Spenders zielt darauf ab, ihn emotional aufzuladen und ihm zur Wiederherstellung seiner Behaglichkeit eine Entladungsmöglichkeit anzubieten. Die Spende wird buchstäblich durch eine Gefühlskontraktion freigesetzt. Riesige Beträge werden in Kampagnen investiert, deren unmittelbares Ziel nicht die Behebung von Not und Elend ist, sondern das Aktivieren neuer Spenden durch das Wechselspiel von Aufladung und Entladung. In diesem Spendenmarketing verdienen viele ihren Lebensunterhalt, sie leben genau so von Spenden, wie jemand aus der Werbewirtschaft von den Einschaltungen lebt und letztlich von der durch sie mitverursachten Umsatzsteigerung …
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