Nachträgliche Sicherungsverwahrung
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Die Studie untersucht die Rückfälligkeit von 77 Gefangenen, die aus dem Vollzug entlassen wurden, ob-wohl (erfolglos) Anstrengungen unternommen worden waren, gegen sie nachträglich Sicherungsverwah-rung zu verhängen. Lediglich bei vier Entlassenen (5 %) erfolgte eine neue Verurteilung wegen Raub- oder Sexualdelinquenz – und dies, obwohl allen Entlassenen eine schlechte Prognose (in den meisten Fällen anhand eines psychiatrischen Gutachtens) erstellt worden war. „Die relativ niedrige Rückfalldelinquenz … bei attestierter hoher Gefährlichkeit erhärtet die Zweifel an der Zuverlässigkeit von Kriminalprognosen. Die Einführung von Standards für Sachverständigengutachten und die Entwicklung von standardisierten Prognoseinstrumenten rechtfertigen nicht das auch vom Bundesverfassungsgericht geteilte Vertrauen, gerade für die seltenen Fälle hochgradiger Gefährlichkeit bilde die Prognose eine taugliche Entscheidungsgrundlage. … Die Identifizierung gefährlicher Wiederholungstäter gelingt nach wie vor nur auf Kosten einer großen Zahl von ungefährlichen Menschen, die fälschlich für gefährlich gehalten werden. Grundsätzlich stellt sich außerdem die Frage, ob für die Kriminalprognose strafrechtlich verantwortlicher, „gesunder“ Täter die fast ausschließlich mit Gutachten beauftragten forensischen Psychiater und Psychologen geeigneter sind als Kriminologen, bei denen die Dynamik delinquenten Verhaltens im Mittelpunkt steht und nicht die Psychopathologie des Einzelnen.“ Die Studie zeigt auch, dass mit Rücksicht auf die angestrebte nachträgliche Anordnung von Sicherungsverwahrung notwendige Entlassungsvorbereitungen unterbleiben, so dass nach den Entlassungsverfügungen der Gerichte keine Zeit zur Wohnungssuche oder für die Organisation der Nachsorge bleibt. Die Untersuchung hat auch insoweit einige bemerkenswerte Einzelbefunde erbracht, die deutlich machen, wie „entsozialisierend“ die Begleitumstände und Nebenwirkungen dieses Instrumentes sind.