Aufgeklärte Vernunft und konkurrierende Handlungsrationalitäten am Ende des 20. Jahrhunderts
Autoren
Mehr zum Buch
Philosophische Aufklärung und Vernunft sowie ihr entsprechende Wertrationalität scheinen in den traditionell als modern charakterisierten wie auch jenen Gesellschaften, die durch eine sogenannte nachholende Entwicklung gekennzeichnet sind, keine Kategorien mehr zu sein, an denen sich soziales Handeln zu orientieren hat. Die Insinuation von und Idiosynkrasie gegen Moderne, Vernunft und Aufklärung als Elendsverursacher bzw. Elendsverwaltung einer unübersichtlichen, als „chaotisch“ erlebten Welt sind im Gegenteil sowohl den wissenschaftskritischen wie wissenschaftlich argumentierenden Ansätzen zur unreflektierten Pflicht geworden. Der islamisch-universalistische Gedanke kann darüber hinaus als anti-modern bzw. anti-aufklärerisch bezeichnet werden. Wie die ökonomischen, auf Handlungsnutzen angelegten Aspirationen auf menschliche Natur Rekurs nehmen, so rechtfertigen sich andererseits die biologischen über einen vermeintlich in der Stammesgeschichte angelegten Nutzengewinn. Postmoderne bzw. poststrukturalistische Gesellschaftskritik sowohl wie auch das islamische Welt- und Menschenbild greifen ebenfalls auf die menschliche Natur zurück, wenn sie kulturelle und/oder religiöse Differenz ontologisieren und somit dogmatisieren. Die in der Arbeit untersuchten Ansätze verweisen in ihrer Weigerung, die Grundlagen ihrer Argumentation als Produkt einer – sicher ideologischen – spezifischen Form aufgeklärter Kritik zu begreifen auf die Unfähigkeit oder Unwilligkeit zur Reflexion eigener Standpunkte und Widersprüche. Im Fall des islamisch-absolutistischen Menschenbilds wird der Impuls, der besonders durch das allmählich mehrheitsfähig werdende postmoderne Selbstverständnis sich verstetigt, Menschenrechte gegen kulturelle Differenz auszuspielen, besonders drastisch greifbar. Subjektivität und Individualität werden obsolet und einem Kollektivismus der Ununterscheidbarkeit geopfert.