Frédéric Chopin - Einblicke in Unterricht und Umfeld
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Frédéric Chopin hatte sich seit seiner Ankunft in Paris im September 1831 einen großartigen Ruf als Lehrer erworben, der ihn in die Lage versetzte, sich ab 1835 fast vollständig vom Konzertpodium zurückzuziehen und seinen Lebensunterhalt primär durch Unterrichten zu verdienen. Eine sei-ner Lieblingsschülerinnen Anfang der 1840er-Jahre war die Wienerin Friederike Müller (1816 –1895), die während ihres Pariser Aufenthaltes in mehr als 230 (bislang verschollen geglaubten) Briefen an ihre Tanten in Wien ausführlich über ihren Unterricht bei Chopin und das zeitgenössische Pariser Musikleben berichtete. Das Besondere an diesem Material sind die Unmittelbarkeit und Prägnanz der Darstellung, denn Müller erzählt nicht, wie es bei derartigen Schüler-Berichten häufig der Fall ist, in großem zeitlichem Abstand aus der (möglicherweise verklärten) Erinnerung, sondern aus dem direkten, unmittelbaren Erleben. Sie beschreibt nicht nur detailreich fast jede ihrer mehr als 170 Lektionen bei Chopin, sie gibt sogar viele Gespräche mit ihm im Wortlaut wieder und lässt so direkt miterleben, wie er über sein eigenes Werk und über andere Musiker urteilt und seine Unterrichtsprinzipien formuliert. Darüber hinaus berichtet Müller (mitunter sehr kritisch) über Konzerte und musikalische Novitäten, über Chopins persönliches Umfeld (gibt auch manchen von Chopins Diener an sie herangetragenen Klatsch weiter) und zeichnet so, durchaus mit jugendlichem Witz und Ungestüm, ein äußerst anschauliches Bild des Pariser Musik- und Gesellschaftslebens jener Zeit. Bei diesen hier erstmals veröffentlichten Briefen Müllers (die durch Übersetzungen der französischen Passagen und einen umfangreichen Kommentar- und Erschließungsapparat ergänzt werden) handelt es sich also nicht nur um eine unglaublich reiche Primärquelle für alle, die sich für Chopin und die Musikgeschichte des 19. Jahrhunderts interessieren, sondern darüber hinaus auch um eine durchaus amüsante und anregende Lektüre