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Der Radetzkymarsch von Joseph Roth, ein großartiger Roman über die österreichische Monarchie, erhält durch Der stumme Prophet eine seltsame Ergänzung. Während ersterer den Abgesang auf eine vergangene historische Gestalt thematisiert, zeigt letzterer eine melancholische Resignation gegenüber einer Utopie von Gerechtigkeit, in der alle Menschen Brüder sind. Geschrieben 1929, reflektiert Roth bereits den erloschenen Traum vom Reich des großen Friedens. Die Hauptfigur Friedrich Kargan erlebt nicht die typische Tragik eines Revolutionärs, sondern die resignierte Einsicht, dass die Anwendung revolutionärer Macht keine bessere Welt schaffen kann. Der Schlüssel zum Paradies passt nicht in schmutzige Hände, und die historische Notwendigkeit, die Kargan verehrt, offenbart sich als Verbrechen am Humanen. Roth veröffentlichte das Buch nicht, möglicherweise um sich nicht an der Verdammung eines unmenschlichen Systems zu beteiligen, das sich dem Nationalsozialismus näherte. Der Roman blieb bis 1963 unentdeckt und wirkt heute wie eine Prophetie, die das Unheil der stalinistischen Säuberungen vorwegnimmt. Hans Natonek schrieb 1939, dass „Politik sich in Dichtung verwandelt“, und diese Aussage gilt umso mehr für diesen ungewöhnlichen Roman, dessen verborgene Kraft die Zeitgenossen nicht erahnen konnten.
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