Erich Fromm
23. März 1900 – 18. März 1980
Erich Pinchas Fromm (* 23. März 1900 in Frankfurt am Main; † 18. März 1980 in Muralto, Schweiz) war ein deutsch-US-amerikanischer Psychoanalytiker, Philosoph und Sozialpsychologe. Bereits seit Ende der 1920er Jahre vertrat er einen humanistischen, demokratischen Sozialismus. Seine Beiträge zur Psychoanalyse, zur Religionspsychologie und zur Gesellschaftskritik haben ihn als einflussreichen Denker des 20. Jahrhunderts etabliert, auch wenn er in der akademischen Welt oft gering geschätzt wurde. Viele seiner Bücher wurden zu Bestsellern, insbesondere Die Kunst des Liebens aus dem Jahre 1956 sowie Haben oder Sein von 1976. Seine Gedanken wurden auch außerhalb der Fachwelt breit diskutiert.
Erich Fromm stammte aus einer streng religiösen jüdischen Familie in Frankfurt, aus der zahlreiche Rabbiner hervorgegangen waren, etwa sein Großvater väterlicherseits der Rabbiner Seligmann Bär Bamberger. Sein Vater war der Obstweinhändler Naphtali Fromm (1869–1933), seine Mutter war Rosa Fromm, geborene Krause (1876–1959). Die Familie wohnte im Frankfurter Westend im ersten Stock eines Eckhauses in der Liebigstr. 27, Ecke Eppsteinerstraße.Auch er wollte ursprünglich die rabbinische Laufbahn einschlagen. So erhielt er zunächst religiösen Unterricht vom Bruder seines Großvaters mütterlicherseits, der ein angesehener Dajan und Talmudgelehrter aus Posen gewesen war. Im Jahre 1918 machte er sein Abitur am Wöhler-Realgymnasium im Frankfurter Stadtteil Dornbusch und studierte zunächst Rechtswissenschaften an der Universität Frankfurt. Fromm war Mitglied in der stark vom Rabbiner Nehemia Anton Nobel beeinflussten Frankfurter Gruppe des jüdischen Wanderbundes Blau-Weiß, die einen religiös-zionistischen Kurs verfolgte. Von der Rechtswissenschaft in Frankfurt wechselte Fromm zum Studium der Soziologie an die Universität Heidelberg und wurde dort 1922 bei Alfred Weber über Das jüdische Gesetz promoviert. Ein lebenslanger Freund aus den Heidelberger Studientagen war der spätere Psychoanalytiker Ernest G. Schachtel. In dieser Zeit engagierte er sich im Kartell Jüdischer Verbindungen (K.J.V.), einem Organisationsverband zionistischer Studentenverbindungen, der mit dem jüdischen Wanderbund Blau-Weiß personell und ideologisch eng verbunden war. Später wandte sich Fromm aber von der Idee des Zionismus ab. Bis 1925 hatte er am Talmudunterricht bei Rabbi Rabinkow teilgenommen. 1926 heiratete Erich Fromm die Psychoanalytikerin Frieda Reichmann. Ende der 1920er Jahre begann er am Berliner Psychoanalytischen Institut bei einem nichtärztlichen Freud-Schüler, dem Juristen Hanns Sachs, eine Ausbildung zum Psychoanalytiker. In dieser Zeit gaben er und seine Frau ihre orthodox-jüdische Lebensweise auf. Ab 1929 praktizierte Fromm, da er kein Mediziner war, als sogenannter Laienanalytiker in Berlin. Ab 1930 war er für das Frankfurter Institut für Sozialforschung als Leiter der Sozialpsychologischen Abteilung tätig. Zugleich gehörte er dem Berliner Zirkel marxistischer Psychoanalytiker um Wilhelm Reich und Otto Fenichel an und trug mit einigen Publikationen zur Theoriebildung des Freudomarxismus bei. 1931 trennte er sich von Frieda Reichmann, blieb ihr jedoch weiterhin freundschaftlich verbunden (Scheidung erst 1942). Nach der Machtübergabe an Hitler verließ er Deutschland, zog zunächst nach Genf und emigrierte im Mai 1934 in die Vereinigten Staaten, wo er an der Columbia University in New York tätig war. Ende 1939, kurz nach Beginn des Zweiten Weltkriegs, trennte er sich nach verschiedenen Konflikten vom Institut für Sozialforschung, nachdem er über viele Jahre einer der wichtigsten Mitarbeiter gewesen war. Er erhielt am 25. Mai 1940 die US-amerikanische Staatsbürgerschaft. 1944 heiratete er die deutsch-jüdische Emigrantin und Fotografin Henny Gurland, geborene Meyer (1900–1952). Sie stammte aus Aachen und war zunächst mit Otto Rosenthal verheiratet, aus deren Ehe ein Sohn Joseph (José) Gurland (1923–2003) hervorging. Ihr zweiter Ehemann war Rafael Ruben Gurland (* 1909), bevor sie Erich Fromm heiratete. Sie war am 25. und 26. September 1940 mit Walter Benjamin, ihrem Sohn und unter der Leitung von Lisa Fittko vor den Nationalsozialisten geflohen. 1950 siedelte er nach Mexiko-Stadt über und lehrte an der Universidad Nacional Autónoma de México (UNAM). Nachdem seine Frau Henny 1952 überraschend gestorben war, heiratete er am 18. Dezember 1953 seine dritte Ehefrau, die US-Amerikanerin Annis Freeman, geborene Glover (1902–1985).Ab 1957 beteiligte er sich an der US-amerikanischen Friedensbewegung. Das FBI führte eine mehr als 600 Seiten umfassende Akte über ihn. Er war außerdem nach eigener Angabe Mitglied der Sozialistischen Partei Amerikas. 1965 wurde Fromm emeritiert; 1974 verlegte er seinen Wohnsitz nach Muralto (Kanton Tessin, Schweiz). In den Jahren 1966, 1977 und 1978 erlitt Fromm jeweils einen Herzinfarkt. Infolge eines weiteren Herzinfarkts starb er 1980, wenige Tage vor seinem 80. Geburtstag und vor dem Erscheinen der zehnbändigen Gesamtausgabe seiner Werke. Erich Fromm wurde in Bellinzona (Schweiz) beigesetzt. 1979 wurde Fromm mit dem Nelly-Sachs-Preis ausgezeichnet, im Jahr 1981 wurde ihm postum die Goetheplakette der Stadt Frankfurt am Main verliehen. Als literarischen Rechte- und Nachlassverwalter setzte Fromm seinen letzten Assistenten, den Psychoanalytiker Rainer Funk ein, der 1978 seine Promotion mit einer Arbeit über Fromm abschloss.